Spis treści
- Was genau ist eigentlich Gluten?
- Was ist Glutensensitivität?
- Wie häufig kommt Glutensensitivität vor?
- Weitere Erkrankungen, die mit Gluten zusammenhängen
- Wie entsteht Glutensensitivität?
- Symptome bei Glutensensitivität
- Wie wird Glutensensitivität diagnostiziert?
- Auswirkungen von Gluten auf das Mikrobiom und die Darmgesundheit
- Behandlung bei Glutensensitivität
- Glutenfreie Ernährung – Tipps und Nahrungsmittelalternativen
- Fazit
In den letzten Jahren entscheiden sich immer mehr Menschen, auf Gluten oder Weizen zu verzichten. Eine glutenfreie Diät spielt nicht mehr nur für Personen mit Zöliakie eine Rolle, sondern wird auch zunehmend als Teil eines gesunden Lebensstils betrachtet. Gleichzeitig reagieren auch immer häufiger Personen auf Gluten oder weitere Weizeninhaltsstoffe mit vielfältigen Symptomen.
In diesem Blogbeitrag erfährst du alles, was du über Glutensensitivität wissen musst, warum eine glutenfreie Diät auch Nachteile bringen kann und welche glutenfreien Alternativen am gesündesten sind.
Was genau ist eigentlich Gluten?
Gluten ist ein Proteinkomplex, der in vielen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste vorkommt. Es setzt sich hauptsächlich aus den Proteinen Gliadin und Glutenin zusammen und wird aufgrund seiner tollen Backeigenschaften oft als „Klebereiweiß“ bezeichnet. Seine Struktur sorgt dafür, dass Teige elastisch werden, gut aufgehen und eine luftige Textur erhalten. Normalerweise verursacht Gluten keine Probleme, für Menschen mit Zöliakie oder Glutensensitivität kommt es nach dem Verzehr allerdings zu gesundheitlichen Beschwerden.
Was ist Glutensensitivität?
Glutensensitivität, oder auch Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität (englische Abkürzung: NCGS, non-coeliac gluten sensitivity), beschreibt ein Krankheitsbild, bei dem der Körper nach dem Verzehr von Gluten mit verschiedensten Symptomen reagiert - ohne, dass dabei eine allergische (Weizenallergie) oder autoimmune (Zöliakie) Ursache vorliegt. Die Symptome können entweder den Verdauungstrakt betreffen (intestinal), als auch außerhalb des Verdauungstraktes auftreten (extraintestinal) und sind meist nach wenigen Stunden bis Tagen bemerkbar (1,2).
Die Forschung steht bei diesem Krankheitsbild noch vor vielen Fragezeichen. Beispielsweise könnte nicht nur Gluten, sondern auch andere Weizen-Inhaltsstoffe für Beschwerden infrage kommen, weshalb immer öfter auch der Begriff Nicht-Zöliakie-Weizen-Sensitivität verwendet wird.
Wie häufig kommt Glutensensitivität vor?
Glutensensitivität betrifft weltweit etwa 0,5–13 % der Menschen. Da klare Diagnosekriterien fehlen, variiert die Schätzung stark. Nur bei einem kleinen Teil der Personen, die sich selbst als glutensensitiv einschätzen, lässt sich die Erkrankung tatsächlich nachweisen (3).
Verschiedene Studien zeigen, dass die Häufigkeit von Zöliakie und Glutensensitivität in den letzten 50 Jahren deutlich gestiegen ist. Eine mögliche Erklärung ist der gestiegene Weizenkonsum (niedriger Preis, leichte Verfügbarkeit, gute Backeigenschaften) und Veränderungen der Eigenschaften moderner Weizensorten, die durch Züchtungsmethoden proteinhaltiger und widerstandsfähiger gegen Schädlinge gemacht wurden. Zusätzlich wird Gluten vermehrt in verarbeiteten Lebensmitteln als Füllstoff und Zusatzstoff verwendet (1). Auch die schnellere Verarbeitung von Weizenmehl zu Brot und Backwaren ohne lange Gärprozesse (wie bei der traditionellen Sauerteigherstellung) trägt zu einer reduzierten Verträglichkeit bei (1,2).
Sauerteigbrote mit langer Gehzeit oder Brot aus alten Getreidesorten wie Dinkel und Einkorn werden bei Glutensensitivität häufig besser vertragen.
Weitere Erkrankungen, die mit Gluten zusammenhängen
Bei Glutenunverträglichkeiten herrscht oft Verwirrung, da verschiedene Erkrankungen und Begriffe mit Gluten in Verbindung stehen. Deshalb möchten wir ein paar wichtige Begriffe genauer erklären:
Glutenunverträglichkeit
Ist der Überbegriff für alle (im Folgenden aufgelisteten) Krankheitsbilder, die durch den Verzehr von Gluten ausgelöst werden.
Glutenintoleranz
Ist eine etwas irreführende Bezeichnung, die häufig für Glutensensitivität verwendet wird. Von Lebensmittelintoleranzen ist die Rede, wenn der Körper bestimmte Nährstoffe nicht richtig verdauen kann - meist, weil nicht ausreichend spezifische Enzyme für den Abbau vorhanden sind. Die Symptome einer Lebensmittelintoleranz treten ausschließlich im Magen-Darm-Trakt auf und umschließen Blähungen, Bauchschmerzen und unregelmäßigen Stuhlgängen führen kann.
Ein typisches Beispiel hierfür ist Laktoseintoleranz. Glutenintoleranz gibt es in diesem Sinne daher nicht wirklich, da bei Glutensensitivität die Symptome auch außerhalb des Verdauungstraktes auftreten können und nicht das Fehlen von Enzymen, sondern eine Reaktion des Immunsystems die Beschwerden auslöst (1).
Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität
Überschneidet sich stark mit dem Krankheitsbild der Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität. Bei der Erforschung von Glutensensitivität kamen in den letzten Jahren vermehrt Zweifel auf, dass Gluten der Hauptauslöser dieses Krankheitsbildes sei. Als weitere mögliche Auslöser werden vor allem andere Weizen-Inhaltsstoffe wie FODMAPs (fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole), ATIs (Amylase-Trypsin-Inhibitoren) und andere Weizenallergene diskutiert. Daher wird immer häufiger die Bezeichnung Weizensensitivität verwendet, allerdings können diese Stoffe nicht nur in Weizen, sondern auch in anderen (glutenhaltigen) Getreidesorten vorkommen (2).
Zöliakie
Oder auch glutensensitive Enteropathie genannt, ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das adaptive Immunsystem beim Kontakt mit Gluten eine Entzündungsreaktion in der Dünndarmschleimhaut auslöst. Die Symptome und der Schweregrad der Erkrankung sind so vielfältig, dass eine Diagnose oft sehr schwierig ist und die Erkrankung häufig unentdeckt bleibt (2). Bereits minimale Mengen an Gluten können starke Schäden auslösen, weshalb ein lebenslanger, strikter Glutenverzicht notwendig ist.
Während bei Glutensensitivität das angeborene Immunsystem eine Rolle spielt, betrifft Zöliake das adaptive Immunsystem. Das adaptive Immunsystem ist ein spezialisierter Teil der Immunabwehr, der sich gezielt gegen bestimmte Krankheitserreger richtet und bei wiederholtem Kontakt mit demselben Erreger eine schnellere und stärkere Reaktion zeigen kann. Bei Zöliakie erkennt das Immunsystem Gluten irrtümlich als gefährlich, bildet daraufhin spezielle Autoantikörper und greift dabei das eigene Dünndarmgewebe an. Obwohl viele Symptome von Glutensensitivität denjenigen der Zöliakie ähneln können, werden bei Glutensensitivität keine Autoantikörpern gebildet (1).
Weizenallergie
Ist eine Erkrankung, bei der das Immunsystem auf Weizenproteine reagiert und Symptome wie Hautreaktionen, Atembeschwerden und Magen-Darm-Probleme auslöst. Diagnostiziert wird Weizenallergie in erster Linie durch die Messung von weizenspezifischen IgE-Antikörpern. Es gibt verschiedene Arten und Schweregrade. Häufig tritt sie jedoch bei Kindern auf und bessert sich im Laufe der Jahre oder verschwindet ganz (2).
Wie entsteht Glutensensitivität?
Die genaue Ursache für die Entstehung einer Glutensensitivität ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine Reaktion des angeborenen Immunsystems im Darm: Sogenannte Toll-like Rezeptoren (TLRs) kommen bei betroffenen Menschen verstärkt in der Darmschleimhaut vor. Diese Rezeptoren haben die Aufgabe, schädliche Stoffe im Darm zu erkennen. Bei Glutensensitivität könnten die TLRs bestimmte Lebensmittelbestandteile wie Gluten oder ATIs als Bedrohung wahrnehmen und dadurch eine Entzündung auslösen, die die Darmschleimhaut schädigt und Beschwerden verursacht.
Gleichzeitig wird vermutet, dass eine bereits geschwächte Darmschleimhaut ein Risikofaktor für Glutensensitivität sein könnte. Ist die Darmbarriere beschädigt, können Mikroorganismen und unerwünschte Stoffe leichter vom Darm in den Blutkreislauf passieren, Immunzellen aktivieren und Entzündungen auslösen.
Außerdem gibt es bei Menschen mit Glutensensitivität Hinweise auf kleine strukturelle Veränderungen im Darm. Zum Beispiel wurde festgestellt, dass Darmzotten, die für die Nährstoffaufnahme wichtig sind, oft etwas kleiner sind, die Anzahl bestimmter Abwehrzellen (intraepitheliale Lymphozyten) leicht erhöht und die Anzahl von T-Zellen, welche überschüssigen Reaktionen des Immunsystems entgegenwirken, leicht erniedrigt ist. Weitere Faktoren, die eine Rolle spielen könnten, sind eine ungünstige Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms, genetische Faktoren, virale Infektionen, oder bestehende Entzündungen im Körper (1,4).
Betrachtet man die Stoffe, die eine Glutensensitivität (oder Weizensensitivität) auslösen können, sind vor allem folgende relevant:
- Gluten: Gluten enthält ein Protein namens Gliadin, das die Bildung von Zonulin im Körper anregen kann. Zonulin ist ein Protein, das die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut erhöht und beispielsweise als Marker für das Leaky-Gut-Syndrom verwendet wird (1).
- Amylase-Trypsin-Inhibitoren: ATIs sind Proteine, die in verschiedenen glutenhaltigen Getreidesorten vorkommen. Studien haben gezeigt, dass sie das angeborene Immunsystem aktivieren und Entzündungen im Darm auslösen können. Besonders moderne Weizensorten haben signifikant höhere ATI-Werte als ältere Sorten wie Einkorn und sogar Dinkel. Obwohl ATIs eine Immunantwort auslösen können, entwickeln die meisten Menschen keine Beschwerden nach der Aufnahme (1,4).
- FODMAPs, insbesondere Fruktane: FODMAPS (fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole) sind eine große Gruppe von Kohlenhydraten, die im Dünndarm nicht vollständig absorbiert und im Dickdarm von Bakterien fermentiert werden. Während eine kurzzeitige low-FODMAP-Diät bei Reizdarmpatient:innen häufig eine positive Wirkung erzielt, ist der Effekt bei symptomähnlicher Glutensensitivität noch unsicher. Da diese Diätform stark einschränkend ist und auch den Ausschluss zahlreicher gesundheitsförderlicher Lebensmittel miteinschließt, wird eine FODMAPs-Diät in erster Linie nicht empfohlen. Spezifischer stehen vor allem die Weizenbestandteile Fruktane im Verdacht, Symptome einer Gluten- / Weizensensitivität bei Menschen, die sensibel auf FODMAPs reagieren, auszulösen – vor allem Blähungen und Bauchschmerzen. Grundsätzlich ist aber noch anzumerken, dass Fruktane präbiotische Eigenschaften besitzen, also vorteilhaft für die Darmflora sind und daher nicht grundsätzlich als „schlecht“ abgestempelt werden sollten (2,4).
Bitte beachte, dass die Wirkweise dieser Pflanzenbestandteile und ihr Zusammenhang mit Glutensensitivität noch nicht ganz klar sind und weitere klinische Studien benötigt werden. Außerdem ist es wichtig zu beachten, dass man nicht einfach alle oben genannten möglichen Auslöser vollständig meiden sollte, sondern ein individueller, symptom-orientierter Ernährungsplan als Empfehlung gilt. Dazu aber später mehr!
Symptome bei Glutensensitivität
Die Symptome einer Glutensensitivität können sehr unterschiedlich sein, was eine Diagnose herausfordernd macht. Die Erkrankung bleibt daher oft unerkannt oder wird zum Beispiel mit Zöliakie oder Reizdarmsyndrom verwechselt.
Zu den bekannten Symptomen zählen (1):
- Intestinale Symptome: Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Völlegefühl, unregelmäßiger Stuhlgang
- Extraintestinale Symptome: Kopfschmerzen, Migräne, Konzentrationsstörungen, chronische Müdigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Kribbeln oder Taubheit in Armen oder Beinen, Ekzeme, Anämie, Depressionen
Glutensensitivität kann sich sehr unterschiedlich auswirken, was eine Diagnosestellung erschwert.
Reizdarmsyndrom oder Glutensensitivität?
Verdauungsbeschwerden bei Glutensensitivität ähneln stark den Beschwerden bei Reizdarm. Daneben gibt es eine weitere Überschneidung zwischen diesen beiden Krankheitsbildern: FODMAPs können Auslöser für Symptome des Reizdarmsyndroms sein und zählen auch bei Glutensensitivität zu den potenziellen Triggern. Wie diese beiden Erkrankungen miteinander in Verbindung stehen, ist noch nicht ganz klar. Glutensensitivität wird jedenfalls bei Reizdarmpatient:innen relativ häufig, bei bis zu 30% der Erkrankten, beobachtet (1,3).
Wie wird Glutensensitivität diagnostiziert?
Leider gibt es bisher keine spezifischen Tests für Glutensensitivität. Daher erfolgt die Diagnose via Ausschlussverfahren (1–3):
✅ Keine Zöliakie nachgewiesen
✅ Keine Weizenallergie nachgewiesen
✅ Symptome verschwinden nach dem Weglassen von glutenhaltigen Nahrungsmitteln
Einen ersten Hinweis auf das mögliche Vorhandensein von Glutensensitivität kann auch der myBioma Mikrobiomtest geben. Da Personen mit Glutensensitivität eine veränderte Zusammensetzung der Darmbakterien (Darmflora) aufweisen, können auf Basis einer Stuhlproben-Analyse Zusammenhänge aufgezeigt werden.
Auswirkungen von Gluten auf das Mikrobiom und die Darmgesundheit
In den letzten Jahrzehnten gibt es immer mehr Hinweise auf die mögliche Beteiligung des Darm-Mikrobioms bei der Entstehung und dem Verlauf von glutenbedingten Erkrankungen wie Glutensensitivität, Zöliakie und Weizenallergie. Das Darm-Mikrobiom, auch Darmflora genannt, umfasst Billionen von Mikroorganismen im Darm, davon überwiegend Bakterien.
Diese Bakteriengemeinschaft hat einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit und kann sich aufgrund einer vorhandenen Erkrankung verändern, als auch die Entwicklung oder den Verlauf einer Erkrankung beeinflussen. Das Mikrobiom erfüllt wichtige Funktionen wie Nahrungsverwertung, Unterstützung des Immunsystems, Aufrechterhaltung der Barrierefunktion der Darmschleimhaut und die Kommunikation mit dem zentralen Nervensystem über die Darm-Hirn-Achse.
Bei Patient:innen mit gluten-assoziierten Erkrankungen konnte eine veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms im Gegensatz zu gesunden Personen beobachtet werden. Beispielsweise ist bei Glutensensitivität eine reduzierte Diversität (= Vielfalt der Darmbakterien) erkennbar. Eine hohe Diversität gilt als einer der wichtigsten Parameter zur Beurteilung eines gesunden Darm-Mikrobioms. Im Detail konnte eine Zunahme der Bakterien Ruminococcaceae und eine Abnahme von Bacteroidetes und Fusobacteria beobachtet werden.
Darüber hinaus ist bei Glutensensitivität die Darmschleimhaut beeinträchtigt, was zu Entzündungsprozessen nicht nur im Darm, sondern im ganzen Körper beitragen kann. Ein Ungleichgewicht des Darm-Mikrobioms kann zu dieser Funktionsstörung der Darmschleimhaut beitragen, die Nahrungsverwertung verschlechtern und die Art und Weise, wie das Immunsystem auf Gluten und andere Weizeninhaltsstoffe reagiert, beeinflussen (5).
Wie du nun bereits weißt, lässt sich Glutensensitivität wahrscheinlich auf eine Reaktion des angeborene Immunsystems und auf eine Funktionsstörung der Darmschleimhaut zurückführen. Das Mikrobiom, mit ihrem Einfluss auf diese beiden Faktoren, könnte daher eine große Rolle bei der Entstehung, aber möglicherweise auch bei der Behandlung von Glutensensitivität spielen.
Spannend ist außerdem, dass Forscher:innen herausgefunden haben, dass bestimmte Bakterien Substanzen, die mit Glutensensitivität in Verbindung stehen, beeinflussen können:
- Zonulin: Patient:innen mit Glutensensitivität weisen häufig erhöhte Zonulin Werte auf. Laborstudien konnten zeigen, dass bestimmte, probiotische Bifidobakterium-Arten eine durch Zonulin ausgelöste, erhöhte Darmdurchlässigkeit reduzieren können (5).
- ATIs: Es gibt Hinweise aus Tierstudien, dass bestimmte Laktobazillen-Arten (probiotische Milchsäurebakterien) negative Effekte von ATIs mildern können (2,5).
- Kurzkettige Fettsäuren: Bestimmte Darmbakterien wandeln Ballaststoffe aus unserer Nahrung zu kurzkettigen Fettsäuren wie zum Beispiel Butyrat um. Diese unterstützen eine gesunde Darmschleimhaut und können die Anzahl von T-Zellen (Immunsystem-Regulatoren, die bei Glutensensitivität häufig erniedrigt sind) erhöhen (1).
Forscher:innen untersuchen nun auf Basis dieser Zusammenhänge, ob Probiotika für die Behandlung von glutenbedingten Erkrankungen in Zukunft eine Rolle spielen könnten. Um herauszufinden, welche Bakterienarten und in welcher Menge eingesetzt werden könnten, müssen allerdings noch weitere Studien durchgeführt werden. Wenn du allgemein mehr über Probiotika erfahren möchtest, könnte dieser Blogbeitrag für dich spannend sein: Probiotika und ihre Wirkung
Unabhängig von Nahrungsergänzungsmitteln, scheinen probiotische Bakterien aber auch in der täglichen Ernährung eine Rolle spielen – zum Beispiel bei Brot: Wird Weizenteig im Zuge einer Sauerteigführung lange fermentiert (vor allem sind hier Laktobazillen und Essigsäurebakterien am Werk), wird der entzündungsfördernde Gluten-Bestandteil Gliadin abgebaut und das Brot wird für viele Personen mit Glutensensitivität besser verträglich (2,5).
Behandlung bei Glutensensitivität
Die Behandlung bei Glutensensitivität basiert auf der Minimierung von glutenhaltigen Lebensmitteln. Eine strikte glutenfreie Diät wie bei Zöliakie ist nicht notwendig, da gewisse Mengen an Gluten normalerweise keine Probleme darstellen. Die Verträglichkeitsgrenze kann stark von Person zu Person variieren. Außerdem werden unterschiedliche Lebensmittel von manchen Personen besser oder schlechter vertragen. Ein Austesten und individuelles, symptomorientiertes Anpassen der Ernährung ist daher die einzig geltende Empfehlung bei Glutensensitivität. Eine Ernährungsfachkraft kann dabei eine hilfreiche Unterstützung sein.
Möglicherweise kann eine auf wenige Wochen begrenzte, strikte glutenfreie Ernährung hilfreich sein, um im Anschluss Verträglichkeitsgrenzen und unproblematische Lebensmittel besser austesten zu können, und Beschwerden langfristig zu mindern. Grundsätzlich bergen aber langfristige Eliminationsdiäten, wie eine glutenfreie Ernährung oder eine Low-FODMAP-Diät, das Risiko einer unausgewogenen Ernährung mit Nährstoffmängel und Fehlernährung. Daher sollten sie nur bei medizinisch festgestellter Notwendigkeit durchgeführt werden (3).
Glutenfreie Ernährung – Tipps und Nahrungsmittelalternativen
Wenn du die Aufnahme von Gluten reduzieren möchtest, gibt es ein paar wichtige Punkte zu beachten. Ersetze (Vollkorn-) Weizenprodukte nicht ausschließlich mit als „glutenfrei“ gekennzeichneten Ersatzprodukten. Diese können zwar eine praktische und leckere Alternative darstellen, bestehen aber häufig aus nährstoff- und ballaststoffarmem Reis- oder Maismehl. Natürlicherweise glutenfreie, nährstoff- und ballaststoffreiche Lebensmittel stellen Pseudogetreidesorten wie Quinoa, Buchweizen und Amaranth oder glutenfreie Getreidesorten wie Hafer, Hirse und Teff dar. Außerdem besitzen ältere Getreidesorten, wie beispielsweise Einkorn, weniger Gluten und ATIs und sind somit häufig für Personen mit Glutensensitivität besser verträglich.
Glutenfreie Lebensmittel
- Getreide: Hafer, Hirse, Mais, Reis, Teff
- Pseudogetreide: Amaranth, Buchweizen, Quinoa
- Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Soja, Kichererbsen, Lupinen
- Mehl aus Samen und Nüssen, zum Beispel Kokos, Hanf, Kastanien, Erdmandeln (können tolle Zutaten für glutenfreies Brot oder Kekse sein)
- Obst, Gemüse, Milchprodukte, Fleisch und Fisch
Diese Getreidesorten stellen eine glutenfreie Alternative für Personen dar, die unter Glutensensitivität oder Zöliakie leiden.
Übrigens: Hafer ist von Natur aus glutenfrei, wird aber häufig in Produktionsanlagen verarbeitet, in denen auch glutenhaltige Getreidearten verarbeitet werden. Daher können handelsübliche Haferflocken Spuren von Gluten aufweisen. Personen mit Zöliakie sollten daher unbedingt auf die „glutenfrei“ Kennzeichnung (durchgestrichene Ähre) achten. Bei Glutensensitivität sind diese geringen Mengen normalerweise problemlos.
Alte Getreidesorten: Oft besser verträglich als herkömmlicher Weizen
Getreidesorten wie Einkorn, Emmer und Dinkel zählen zwar auch zur Weizenfamilie, besitzen aber eine „ursprünglichere“ Nährstoffzusammensetzung. Sie zeichnen sich unter anderem durch eine andere Proteinstruktur als herkömmlicher Weizen aus und sind durch ihren geringeren Gehalt an Gliadin und ATI’s für manche Personen mit Glutensensitivität besser verträglich (1,6). Hast du schon mal Einkornmehl zum Backen verwendet? Auf unserem Blog findest du dazu ein leckeres Rezept: Blumen-Focaccia mit Einkornmehl
Lange Gehzeit macht Brot besser verträglich
Ein langer Backprozess, bei dem Brot und Backwaren mehrere Stunden Zeit zum Ruhen bekommen, trägt zum Abbau von FODMAPs und Gliadin bei. Traditionelle Herstellungsprozesse, wie Sauerteigführung, können daher Brote besser verträglich machen und stellen oft eine bessere Option für Personen mit Glutensensitivität dar (2,5,7).
Tipp: Kaufe dein Brot bei Bäckereien, die Wert auf hohe Qualität und traditionelle Herstellungsprozesse legen. Findest du Produkte wie Einkorn- oder Buchweizenbrot im Sortiment, ist das oft ein guter Hinweis.
Lass dein Getreide keimen
Bei Getreide konnte beobachtet werden, dass Gluten reduziert wird, wenn man die Getreidekörner keimen lässt. Daher können Getreidesprossen oder Produkte aus gekeimten Getreide bei Personen mit Glutensensitivität eine gute Alternative sein (8). Du kannst beispielsweise Dinkelkörner über Nacht einweichen, circa 2 Tage in einem Sprossenglas keimen lassen und dann zu einem Brotteig mixen. Wenn dir das zu viel Aufwand ist, findest du in ausgewählten Läden oder Bäckereien auch vorgekeimtes Mehl, Keimlingsbrote oder gekeimtes Müsli. Wenn du wissen möchtest, was Sprossen sonst noch so zu einem wahren Superfood macht, lies dich am besten durch diesen Blogbeitrag: Sprossen selber ziehen: Nährstoffbomben von der Fensterbank
Achte auf eine ausreichende Ballaststoffzufuhr
Ballaststoffe sind außerordentlich wichtig für ein gesundes Darm-Mikrobiom, welches bei Glutensensitivität durch den Einfluss auf das Immunsystem und die Darmschleimhaut eine bedeutende Rolle spielt. Bei Personen, die auf FODMAPs verzichten, oder wenn ballaststoffreiches Weizenvollkorngetreide ausschließlich mit Reis- oder Maisprodukte ersetzt wird, kommt es leider häufig zu einer verringerten Aufnahme von Ballaststoffen.
Eine einfache Methode, um deinen Ballaststoffhaushalt aufzufüllen und deine Darmgesundheit zu stärken, ist unser Präbiotikum myBioma Balance. Es ist natürlich glutenfrei und wurde so formuliert, dass es besonders gut verträglich ist – auch für Personen mit Reizdarmsymptomen.
Achtung bei verstecktem Gluten in Fertigprodukten
In vielen, häufig unerwarteten Lebensmitteln und Fertigprodukten werden Gluten und Weizen zugesetzt verwendet. Wirf daher immer einen Blick auf die Zutatenliste. Beispiele für versteckte Glutenquellen sind:
- Sojasauce
- Würzmittel
- Müslimischungen und Granola
- Cracker und Chips
- Fertigsoßen und Salatdressings
- Süßigkeiten und Schokoriegel
- Bier (enthält Malz, ein gekeimtes und getrocknetes Getreide)
- Wurstwaren und Hackfleischprodukte wie Frikadellen und Burgerpatties
- Suppen und Soßen: Nicht nur in Fertigprodukten, auch in Restaurants werden Suppen und Soßen oft mit Weizenmehl und Fett („Mehlschwitze“) angedickt.
Fazit
Glutensensitivität wirft der Forschung noch so einige Fragen auf. Wenn du das Gefühl hast, Weizenprodukte nicht gut zu vertragen, hol dir zuerst ärztlichen Rat, um herauszufinden, was hinter den Symptomen wirklich steckt. Wenn du Gluten reduzieren möchtest, probiere Lebensmittel wie Hirse, Quinoa, Buchweizen, Amaranth oder Haferflocken und beobachte, ob du zum Beispiel Sauerteigbrot oder Einkornbrot besser verträgst.
Außerdem lohnt es sich, deine Darmgesundheit tatkräftig zu unterstützen. Ein gesundes Darm-Mikrobiom kann einen starken Einfluss auf die Gesundheit der Darmschleimhaut haben und interagiert mit dem Immunsystem – beides Faktoren, die mit Glutensensitivität in Verbindung stehen.
Referencje
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- Andresen V, Menge D, Layer P. Die „Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität“ (NCGS). Arzneiverordn Prax. 2018;45(2).
- Jansson-Knodell CL, Rubio-Tapia A. Gluten-related Disorders From Bench to Bedside. Clin Gastroenterol Hepatol. 1. April 2024;22(4):693-704.e1.
- Catassi G, Lener E, Grattagliano MM, Motuz S, Zavarella MA, Bibbò S, u. a. The role of microbiome in the development of gluten-related disorders. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 5. September 2024;101951.
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- Ziegler JU, Steiner D, Longin CFH, Würschum T, Schweiggert RM, Carle R. Wheat and the irritable bowel syndrome – FODMAP levels of modern and ancient species and their retention during bread making. J Funct Foods. 1. August 2016;25:257–66.
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