Achtsamkeit, Vagusnerv & Darmgesundheit: Wie du dein Nervensystem regulierst und dein Wohlbefinden stärkst - myBioma

Achtsamkeit, Vagusnerv & Darmgesundheit: Wie du dein Nervensystem regulierst und dein Wohlbefinden stärkst

Stress, innere Unruhe, Verdauungsprobleme – viele Menschen spüren tagtäglich, wie eng Körper und Psyche miteinander verbunden sind. Eine Schlüsselstelle spielt dabei der Darm. Dieser beheimatet unzählige Bakterien (Darmflora oder Darm-Mikrobiom genannt), die für die Produktion von Botenstoffen wie Neurotransmitter verantwortlich sind. Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse und insbesondere über den Vagusnerv sind Darm und Gehirn in stetigem, wechselseitigem Austausch. In anderen Worten: Der Darm beeinflusst dein psychisches Wohlbefinden – dein Gehirn beeinflusst deine Verdauung. In diesem Artikel erfährst du, wie du mit Achtsamkeitsübungen dein Nervensystem regulieren, zu mehr Entspannung finden und Verdauungsprobleme lindern kannst.

Stress - eine unterschätzte Gefahr für unsere Gesundheit

Die Weltgesundheitsorganisation hat Stress zu einer der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts erklärt. Wir müssen heutzutage nicht mehr vor Tigern flüchten – dafür aber nehmen psychosoziale Gründe für Stress zu. Diese aktivieren unser Nervensystem dauerhaft und machen uns dadurch anfällig für vielfältige, stress-assoziierte Erkrankungen (1).

Die Bedeutung von Stress und warum wahrscheinlich auch du (bewusst oder unterbewusst) unter Stress leidest

Stress ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf äußere oder innere Belastungen. Wenn wir mit einer Herausforderung konfrontiert werden – sei es eine wichtige Präsentation, ein privater Konflikt oder einfach der Termindruck im Alltag – schüttet unser Körper Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Diese Hormone aktivieren unser sympathisches Nervensystem und bereiten uns so auf die sogenannte „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ vor.

Akuter Stress, der nur vorübergehend auftritt, ist in der Regel nicht schädlich. Er hilft uns, in brenzligen Situationen schnell zu reagieren und unsere Leistungsfähigkeit zu steigern. Wichtig ist aber, dass danach wieder eine Entspannungsphase kommt, in der unser parasympathisches Nervensystem (Ruhe- und Verdauungsmodus) aktiv wird.

Wenn Stress zur Dauerbelastung wird

Ist unser Stresslevel dauerhaft erhöht, spricht man von chronischem Stress. Das passiert zum Beispiel durch dauerhafte Überlastung bei der Arbeit, Leistungsdruck, hohe Ansprüche an uns selbst, ungelöste emotionale Konflikte, ständige Erreichbarkeit oder auch durch den konstanten (unbewussten) Vergleich mit anderen über Social Media.

Diese Art von Stress hat nicht nur psychische, sondern auch körperliche Auswirkungen. Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme, erhöhte Infektanfälligkeit, erhöhte Entzündungswerte und Schlafstörungen sind nur einige der physischen Symptome, die chronischer Stress mit sich bringen kann. Diese Warnsignale unseres Körpers werden leider häufig übersehen - weil wir sie als „normal“ empfinden oder nicht mit Stress in Verbindung bringen.

Für unseren Körper sind gedankliche Gefahren genauso real wie äußere Bedrohungen

Ob Infektionen, körperliche Überlastung, extreme Hitze, emotionale Verletzungen oder Zukunftsängste – jede Form von Stress aktiviert die gleichen biologischen Reaktionsmuster (2). Unser Körper macht keinen großen Unterschied, ob gerade ein Virus bekämpft werden muss oder ob wir uns durch eine Nachricht gekränkt fühlen. Er reagiert mit der gleichen Stresskaskade, die vor allem über die HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse) gesteuert wird.

Dabei werden Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet – und das führt zu einer erhöhten Herzfrequenz und Atmung, einem gesteigerten Blutzuckerspiegel und einer Unterdrückung der Verdauungsleistung und des Immunsystems (2).

Übrigens kann eine erhöhte Cortisol-Ausschüttung auch stattfinden, wenn Personen, die uns nahe stehen, gestresst sind. Man spricht hier von einer empathischen Stressreaktion (1).

The good news: Du kannst den Spieß umdrehen

Dass unser Körper kaum unterscheiden kann, ob eine Gefahr real oder "nur gedanklich" ist, können wir uns auch zunutze machen - indem wir unseren Geist trainieren und unser Nervensystem aktiv in den Entspannungsmodus zurückführen. Durch Achtsamkeitspausen im Alltag, Atemübungen oder Meditation kann unser Nervensystem lernen, schneller wieder in Balance zu kommen.

Dazu aber später mehr – zunächst werfen wir noch einen Blick darauf, was unser Bauch eigentlich mit all dem zu tun hat.

Das enterische Nervensystem: Unser „zweites Gehirn“ im Bauch

Unser Darm wird von einem riesigen Nervengeflecht durchzogen: Dem enterischen Nervensystem (ENS) – auch als „Bauchhirn“ bezeichnet. Es besteht aus mehreren Millionen Nervenzellen (mehr als in unserem Rückenmark!) und ist für viele lebenswichtige Funktionen im Verdauungstrakt verantwortlich: Es reguliert unter anderem die Bewegung des Darms (Motilität), die Durchlässigkeit der Darmbarriere und das Immunsystem im Darm.

Außerdem steht das Darm-Nervensystem in direkter Verbindung mit unserem autonomen Nervensystem, also jenem Teil unseres Nervensystems, der ohne bewusste Steuerung ablauft - z. B. Herzschlag oder Atmung. Das autonome Nervensystem setzt sich aus zwei Gegenspielern zusammen, die bereits erwähnt wurden: Dem Sympathikus („fight or flight“-Modus: Aktivierung und Leistung) und dem Parasympathikus („rest and digest“-Modus: Entspannung, Verdauung und Regeneration).

Der Vagusnerv: Ein zentraler Bestandteil der Darm-Hirn-Achse

Der Vagusnerv ist der Hauptnerv unseres parasympathischen Nervensystems und außerdem der längste Hirnnerv (3). Er verbindet das Gehirn mit den inneren Organen – inklusive deinem Darm. Du kannst ihn dir wie eine Datenautobahn zwischen Gehirn und Darm vorstellen – in beide Richtungen. Er übermittelt dem Gehirn Informationen, was im Verdauungstrakt gerade vor sich geht und sendet umgekehrt auch Signale vom Gehirn an den Darm. Vor allem dann, wenn Entspannung und Verdauung angesagt sind. Aufgrund seiner wichtigen Bedeutung für die Einleitung von Regeneration und Erholung, wird der Vagusnerv manchmal auch als „Selbstheilungsnerv“ bezeichnet. 

Der Vagusnerv verbindet das Gehirn mit den inneren Organen, darunter der Darm. Er ist der Hauptnerv des parasympathischen Nervensystems und wird auch Selbstheilungsnerv genannt. Wichtig für Regeneration und Entspannung, Verdauung, Darm-Hirn-Achse, Stressreduktion, Darmgesundheit.

Hier vereinfacht dargestellt: Der Vagusnerv ist der längste Hirnnerv und verbindet das Gehirn mit den inneren Organen. Er ist somit ein zentraler Bestandteil der Darm-Hirn-Achse und sorgt für Entspannung, Regeneration und eine gute Verdauung.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn du gestresst bist, „spürt“ auch dein Darm diesen Stress. Das erklärt, wieso viele bei Nervosität nichts essen können, Verstopfung haben, häufiger auf die Toilette müssen oder Übelkeit verspüren. Der sprichwörtliche „Angstschiss“ kommt also nicht von ungefähr. 😉

Wie das Darm-Mikrobiom unser Gehirn beeinflusst

Ein weiteres wichtiges Puzzleteil der Darm-Hirn-Achse ist das Mikrobiom (auch als Darmflora bekannt). Die Gemeinschaft der unzähligen Mikroorganismen in unserem Darm hat einen nicht unwesentlichen Einfluss auf unsere Stimmung, unser psychisches Wohlbefinden und unsere Stressverarbeitung. Beispielsweise konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass Personen mit Depression eine andere Mikrobiom-Zusammensetzung aufweisen, als gesunde Personen. Mehr dazu kannst du in diesem Artikel nachlesen: Depression & Darm: Die Rolle des Mikrobioms

Die Bakterien in deinem Darm kommunizieren mit dem Nervensystem, indem sie beispielsweise wichtige kurzkettige Fettsäuren aus Ballaststoffen herstellen und an der Produktion oder Aktivierung von wichtigen Botenstoffen (Hormone und Neurotransmitter) beteiligt sind. Dazu gehören vor allem (4):

  • Serotonin: Bis zu 90% des sogenannten „Glückshormons“ entsteht im Darm.
  • GABA (Gamma-Aminobuttersäure): Sendet beruhigende Signale an unser Nervensystem und verhilft uns somit zu mehr Entspannung und Gelassenheit.
  • Dopamin: Sorgt für Motivation und Antrieb und ermöglicht uns ein Hochgefühl, wenn wir etwas geschafft haben.

Gerät das Mikrobiom aus der Balance - etwa durch chronischen Stress, unausgewogene Ernährung oder Antibiotika, dann kann auch die Signalübertragung zwischen Darm und Gehirn aus dem Gleichgewicht geraten. Die Folge: Stimmungsschwankungen, Ängste, Schlafprobleme oder eine erhöhte Stress- und Infektanfälligkeit. Ein Teufelskreis, der uns mit der altbekannten Frage zurücklässt: Was war zuerst da – die Henne (psychisches Wohlbefinden) oder das Ei (ein ausgewogenes Mikrobiom)?

Was du jedenfalls aus diesen Informationen mitnehmen kannst: Indem du auf deinen Darm Acht gibst und deine Darmbakterien mit einer ballaststoffreichen, ausgewogenen Ernährung unterstützt, kannst du aktiv etwas für dein emotionales Gleichgewicht und deine Stressresilienz tun.

Du möchtest nun herausfinden, ob dein Darm-Mikrobiom in Balance ist und mit welchen Maßnahmen du deinen Darm am besten unterstützt? Dann bestell dir am besten gleich einen myBioma Mikrobiom-Test und erhalte auf unkomplizierte Weise wissenschaftlich fundierte Einblicke in deine Darmgesundheit.

Die Auswirkungen von Stress auf deine Darmgesundheit

Stress wird zunehmend als ein bedeutender Faktor für die Entwicklung vieler Darmerkrankungen anerkannt - und stressbedingte Erkrankungen gehen häufig mit einer gestörten Darmfunktion einher.

Unter anderem zieht Stress folgende Auswirkungen auf deinen Darm und dein Mikrobiom mit sich (3):

Akuter Stress (weniger als eine Stunde):

  • Veränderte Darmbewegung – was sich beispielsweise als Blähbauch, Verstopfung oder Durchfall zeigen kann.
  • Aktivierung des Immunsystems - kurzfristig eine äußerst wichtige Reaktion, etwa bei Verletzungen oder Infektionen.

Länger anhaltender bis chronischer Stress:

  • Schmerzen im Bauchbereich werden intensiver wahrgenommen (viszerale Hypersensitivität) - ein bedeutender Faktor beim Reizdarmsyndrom.
  • Verringerte Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit.
  • Gedrückte Stimmung und erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen.
  • Vagusnerv-Signale werden nicht mehr richtig verarbeitet – die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn ist eingeschränkt.
  • Veränderte Darmbewegungen – Verstopfung, Durchfall oder Blähungen können folgen.
  • Die Darmschleimhaut wird durchlässiger (mehr dazu, siehe hier: Leaky Gut & die Darmflora) und es entstehen vermehrt Entzündungen.
  • Das Mikrobiom verändert sich: Nützliche Bakterien werden weniger, während sich potenziell schädliche vermehrt ausbreiten. Das Mikrobiom wird insgesamt weniger widerstandsfähig und man spricht von einer Dysbiose. Mehr dazu erfährst du in diesem Blogartikel: Wie du die Diversität stärkst und eine Dysbiose vermeidest.
  • Das Immunsystem ist überfordert und gerät aus dem Gleichgewicht – die Anfälligkeit für Krankheitserreger und Infekte steigt.

Nervensystem regulieren mit Achtsamkeit

Was kann man nun tun, um besser mit Stress umzugehen, das Nervensystem zu regulieren und den Parasympathikus, beziehungsweise den Vagusnerv zu aktivieren? Beginnen wir mit einem bekannten Zitat von Mark Aurel:

„Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab.“

Es ist nicht immer einfach, Stress im Alltag zu reduzieren. Was wir aber durchaus beeinflussen können, ist, wie wir mit stressigen Situationen umgehen. Wie du nun bereits weißt, kann unser Nervensystem nicht unterscheiden, ob wir tatsächlich gerade in Gefahr sind, oder ob die Stressreize „nur“ in unseren Gedanken entstehen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass wir mit der Kraft unserer Gedanken und der aktiven Regulierung von Körperfunktionen (Stichwort: Atmung), Stress entgegenwirken können. Wir nutzen diese Mechanismen also für, statt gegen uns. Besonders wirksame und alltagstaugliche Instrumente dafür sind Achtsamkeitsübungen.

Bild für mehr Stressresilienz, positive Psychologie, weniger Sorgen: Frage: Hast du ein Problem in deinem Leben? Wenn du nichts ändern kannst, musst du dir auch keine Sorgen machen.Diese bekannte Grafik dient als liebevoller Impuls, Sorgen nicht die Hauptrolle im Alltag spielen zu lassen. Wenn du ein Problem lösen kannst, dann tu es - ohne dich mit Grübeln aufzuhalten. Aber auch wenn du an der Situation nichts ändern kannst, brauchst du dir keine Sorgen zu machen – denn das würde dir nur Energie rauben, ohne etwas zu verbessern. Achtsamkeit kann helfen, dieses Mindset zu verinnerlichen und schneller wieder innere Ruhe zu finden.

Was ist Achtsamkeit?

Achtsamkeit bedeutet, den gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen – mit allem, was gerade da ist: Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen. Keine Beurteilung, kein Vergleich – stattdessen ganz viel Akzeptanz und neutrale Beobachtung.

Ursprünglich stammt der Begriff aus der buddhistischen Meditationspraxis und umfasst nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch emotionale, ethische und soziale Aspekte.
In der modernen Psychologie wird Achtsamkeit heute vor allem im Rahmen achtsamkeitsbasierter Programme wie MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) eingesetzt – etwa zur Stressbewältigung, Schmerzreduktion oder bei psychischen Beschwerden (5). Auch beim Reizdarmsyndrom gibt es mittlerweile gute Evidenz für die Wirksamkeit solcher Maßnahmen (6).

Trotz unterschiedlicher Ursprünge zeigen beide Perspektiven: Achtsamkeit kann helfen, bewusster, ruhiger und gesünder durchs Leben zu gehen.

Wie Achtsamkeit den Vagusnerv aktiviert – und warum du das nutzen sollst

Achtsamkeit – insbesondere in Form von Meditation, bewusster Atmung oder auch achtsamen Yogaübungen – kann den Vagusnerv auf natürliche Weise aktivieren und Stress lindern. Forscher:innen haben herausgefunden, dass achtsame Atemtechniken und meditative Zustände die Herzfrequenzvariabilität (HRV) erhöhen – ein Zeichen für eine gesteigerte Aktivität des Vagusnervs. Gleichzeitig kann Achtsamkeit die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol und Adrenalin senken, was zu einer schnelleren Erholung nach belastenden Situationen beiträgt. Verschiedene Studien zeigen außerdem, dass Meditationspraktiken auch weitere physiologische Stressmarker, wie C-reaktives Protein, Blutdruck, Herzfrequenz, Triglyzeride und Tumornekrosefaktor-Alpha, senken können (7,8).

Durch regelmäßige Achtsamkeitspraxis kann also die Aktivität des Parasympathikus aktiviert, die Stressreaktion des Körpers gedämpft, Entzündungsprozesse reduziert und das allgemeine Wohlbefinden gestärkt werden. Ein achtsamer Lebensstil unterstützt damit nicht nur die emotionale Balance, sondern auch die körperliche Gesundheit.

Übrigens kann Vagusnerv-Stimulierung durch seine entzündungshemmende Wirkung beispielsweise auch bei der Behandlung oder Vorbeugung von verschiedensten Krankheiten wie Rheumatoide Arthritis, Lungenerkrankungen, Adipositas, Diabetes, Schlaganfall, Hirnverletzungen und Herz-Kreislauf-Beschwerden unterstützen. Auch als ergänzender therapeutischer Einsatz bei Epilepsie und Depression wird eine gezielte Vagus-Aktivierung bereits erfolgreich eingesetzt. Im klinischen Setting wird meist mit kleinen Geräten gearbeitet, die über eine Elektrode elektrische Impulse an den Vagusnerv abgeben (9).

Praktische Übungen zur Stimulierung des Vagusnervs und effektiven Stressreduktion

Nach all der Theorie kommen wir nun zum wichtigsten Teil: Die Praxis! Wir stellen dir effektive und einfache Maßnahmen vor, wie du dein Nervensystem regulieren und in den Entspannungsmodus kommen kannst.

Atemübungen 

Atmen passiert einerseits ganz automatisch – andererseits können wir unsere Atmung auch bewusst beeinflussen. Genau das macht sie zu einem der einfachsten Werkzeuge, um Stress abzubauen.

➡️ Schnelles, flaches Atmen aktiviert den Sympathikus – wie bei Stress.

➡️ Langsames, tiefes Atmen aktiviert den Parasympathikus – wir kommen zur Ruhe, der Puls sinkt, unser Gehirn bekommt das Signal: Regeneration- und Verdauung aktivieren.

1. Die Boxatmung

Diese einfache und strukturierte Atemtechnik hilft dir, zur Ruhe zu kommen und Gedankenkarusselle zu stoppen. Komm dafür am besten in eine aufrechte Sitzhaltung.

  1. Atme durch die Nase ein – zähle dabei innerlich bis 4. Spüre, wie sich deine Bauchdecke hebt.
  2. Halte deinen Atem – zähle innerlich bis 4.
  3. Atme durch Nase oder Mund sanft aus – zähle wieder bis 4. Spüre, wie sich deine Bauchdecke wieder senkt und du ganz leer wirst.
  4. Halte deinen Atem erneut an – zähle bis 4.

Wiederhole diesen Zyklus für ein paar Minuten.

Boxatmung zur Aktivierung des Parasympathikus und Vagusnerv: Achtsame Atemübung für mehr Wohlbefinden und Entspannung, Stressreduktion. 4 Sekunden einatmen, Atem halten, Ausatmen, Atem halten.
Tipp: Stell dir ein Quadrat vor, bei dem jede Seite einem Atemabschnitt von 4 Sekunden entspricht – das hilft beim Fokussieren.

2. Die 4-7-8 Atmung

Bei dieser sanften Atemtechnik wird die Ausatmung in die Länge gezogen – was besonders bei innerer Unruhe helfen oder am Abend das Einschlafen erleichtern kann.

  1. Atme 4 Sekunden lang durch die Nase ein.
  2. Halte den Atem für 7 Sekunden.
  3. Atme 8 Sekunden lang durch Nase oder Mund aus.

Wiederhole den Zyklus für etwa 5 Runden – gerne im Liegen oder aufrecht sitzend.

Tipp: Wenn es dir zu Beginn schwer fällt, die Atempause so lange zu halten, kannst du die Atemabschnitte auch jeweils um die Hälfte kürzen, bis du dich daran gewöhnt hast.

Meditation

Regelmäßige Mediationspraktiken – zum Beispiel morgens nach dem Aufstehen oder abends vor dem Schlafengehen – helfen dabei, im Moment und ganz bei sich selbst anzukommen. Meditation ist weit mehr als der Versuch „nichts zu denken“, sondern ein Training für Gehirn und Geist, das mit der Zeit nachweislich Stress reduziert, die Konzentration fördert und sogar positive Auswirkungen auf unsere Verdauung und das Mikrobiom haben kann.

Meditieren für mehr Achtsamkeit, innere Balance, Nervensystemregulierung, Stressreduktion und Unterstützung der Darm-Hirn-Achse.
Meditieren kann dabei helfen, zu innerer Ruhe zu gelangen.

Es gibt unzählige Meditationsarten. Drei davon möchten wir dir hier vorstellen:

1. Konzentrations-Meditation: Atembeobachtung

  • Setze dich bequem und aufrecht hin – zum Beispiel im Schneidersitz, Fersensitz oder auf einem Stuhl & schließe sanft die Augen.
  • Bringe die Aufmerksamkeit zu deinem Atem – ohne ihn zu verändern.
  • Spüre, wie die Luft durch die Nase ein- und ausströmt.
  • Wenn du merkst, dass Gedanken auftauchen, nimm sie bewusst wahr, ohne sie zu bewerten. Lass sie weiterziehen – als würdest du Wolken am Himmel beobachten. Bringe deine Aufmerksamkeit freundlich wieder zu deinem Atem zurück.

Beginne mit täglichen 5 Minuten und erhöhe die Dauer mit der Zeit. Regelmäßigkeit ist wichtiger als die Dauer - setz dich nicht unter Druck.

Tipp: Es ist ganz normal und völlig okay, dass immer wieder Gedanken dazwischenfunken. Das Ziel ist nicht, alle Gedanken auszuschalten. Vielmehr möchten wir üben, uns nicht mehr von ihnen kontrollieren zu lassen. Sei lieb zu dir und geduldig. 💚

2. Body-Scan (Körperreise)

Bei dieser Achtsamkeitsübung wandern wir systematisch mit unserer Aufmerksamkeit durch den Körper.

  • Lege dich bequem auf den Rücken oder setze dich aufrecht hin und schließe sanft deine Augen.
  • Lenke deine Aufmerksamkeit nacheinander auf deine Zehen, Füße, Beine, Becken, Bauch, Brustraum, Rücken, Schultern, Arme, Hände, Finger, Nacken, Kopf und Gesicht.
  • Verweile jeweils für einige Atemzüge in jedem Bereich und nimm alle Teile und Empfindungen deines Körpers wahr, ohne sie zu bewerten: Temperatur, Anspannung, Kribbeln, Leichtigkeit, etc.

    Tipp: Vor allem zu Beginn kann eine angeleitete Meditation sehr hilfreich sein. Suche am besten einfach mal auf Spotify oder YouTube nach einer für dich angenehmen Stimme oder probiere eine Meditations-App aus.

    3. Bauchhypnose

    Eine besondere Art der geführten Meditation ist die Bauchhypnose. Diese Technik ist besonders bekannt für ihre positive Auswirkung bei Reizdarm-Beschwerden. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, lies dich am besten durch diesen Blogartikel: Achtsamkeit für den Darm: So wirksam ist Hypnose bei Reizdarm

    Oder probier’s direkt aus: Wir haben auf YouTube zwei Bauchhypnosen für dich aufgenommen: Eine 15-minütige Version findest du unter diesem Link: Darmhypnose für dein Wohlbefinden und für eine kürzere Version, klicke auf diesen Link: Entspannung für den Bauch: 5 Minuten Darmhypnose für Balance & Wohlbefinden im Alltag

    Achtsames Essen

    Die vielleicht wichtigsten Zeiten im Alltag, in denen wir Achtsamkeit üben sollten, sind unsere Mahlzeiten. Durch achtsames Essen können wir Signale unseres Körpers, wie zum Beispiel unser Sättigungsgefühl, besser wahrnehmen. Außerdem beginnt die Verdauung bereits im Mund: Durch gründliches und bewusstes Kauen wird die Nahrung mechanisch zerkleinert und gleichzeitig mit Enzymen im Speichel vermischt. Dadurch werden Magen & Darm entlastet, Nährstoffe besser aufgenommen, eine gesunde Darmfunktion unterstützt und Blähungen vorgebeugt. Außerdem aktivieren wir dadurch unseren „rest & digest“ Nervensystem-Modus (Parasympathikus) und unterstützen die Darm-Hirn-Achse.

    1. Tipps für achtsames Essen:

    ✅ Keine Ablenkung: Lege dein Handy weg und verzichte darauf, deine Lieblingsserie nebenbei zu schauen.

    ✅ Ausreichend kauen und langsam essen: Versuche, jeden Bissen 20-30 mal zu kauen.

    ✅ Bewusst genießen: Nimm Aromen, Textur und Geruch deiner Mahlzeit wahr.

    ✅ Auf den Körper hören: Beachte Hunger- und Sättigungssignale und höre auf zu essen, wenn du satt bist.

     Dankbarkeit und Wertschätzung üben: Werde dir bewusst, woher dein Essen kommt und wie viel Arbeit hinter jedem Bissen steckt.

    Lege das Besteck zwischendurch ab, um automatisch langsamer zu essen.

    2. Rosinenübung

    Die Rosinenübung ist eine klassische Achtsamkeitsübung, die uns hilft, den gegenwärtigen Moment mit allen Sinnen zu erleben. Du brauchst dafür nur eine einzelne Rosine oder alternativ zum Beispiel ein Stück Schokolade, eine Nuss oder eine Beere.

    1. Anschauen:
      Nimm die Rosine in die Hand und betrachte sie neugierig von allen Seiten, als hättest du noch nie zuvor eine Rosine gesehen. Welche Farbe hat sie? Welche Form? Welche Falten und Unebenheiten erkennst du?
    2. Angreifen:
      Spüre die Textur zwischen deinen Fingern. Ist sie klebrig, fest, schrumpelig oder weich? Nimm dir Zeit, sie wirklich zu „begreifen“.
    3. Riechen:
      Halte die Rosine an deine Nase. Wie riechen eigentlich Rosinen? Beobachte, ob der Geruch andere Assoziationen oder Erinnerungen auferweckt - ohne sie zu bewerten.
    4. Hören:
      Klingt vielleicht komisch, aber halte die Rosine als nächstes an dein Ohr. Auch wenn sie nicht zu dir spricht 😉 - aktiviere deinen Hörsinn. Bewege die Rosine zwischen deinen Fingern hin und her oder streiche mit deinen Nägeln darüber - welche Geräusche nimmst du gerade wahr?
    5. In den Mund nehmen:
      Lege die Rosine auf deine Zunge und schiebe sie achtsam in deinem Mundraum umher. Wie fühlt sie sich an? Wo genau liegt sie im Mund?
    6. Langsam kauen:
      Beginne nun langsam zu kauen und spüre die Konsistenz und den Geschmack der Rosine. Wie verändert sich das Erleben mit jedem Kauen? Wie lange kannst du auf der Rosine herumknabbern, bis sie sich fast auflöst?
    7. Schlucken und nachspüren:
      Schlucke die gekaute Rosine bewusst herunter. Spüre nach: Wie fühlt sich dein Mund jetzt an? Welche Empfindungen bleiben?

    Wenn du einen dieser Tipps ausprobiert hast oder mit uns deine liebste Achtsamkeitsübung teilen möchtest, hinterlasse uns gerne einen Kommentar am Ende des Blogs! ⬇️

    Fazit: Höre auf dein Bauchgefühl

    Unser Darm und unser Gehirn kommunizieren ständig miteinander und beeinflussen sich gegenseitig auf vielfältige Weise. Chronischer Stress kann diese sensible und wichtige Kommunikation schwächen und somit unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden beeinträchtigen.

    Die gute Nachricht: Wir sind dem nicht hilflos ausgeliefert. Mit einfachen Übungen für mehr innere Ruhe können wir aktiv zur Balance unserer Darm-Hirn-Achse und unseres Nervensystems beitragen – und damit zu mehr Wohlbefinden, Resilienz und Lebensfreude finden. Kleine, tägliche Schritte haben dabei schon große Wirkung! Probier’s aus und überzeuge dich selbst. ✨

    Eine letzte Anmerkung: Diese Übungen können eine hilfreiche Unterstützung für zwischendurch sein. Wenn es dir über einen längeren Zeitraum nicht gut geht, zögere nicht, dir professionelle Hilfe zu holen. Du bist nicht alleine und Unterstützung anzunehmen, beweist wahre Stärke. Achte auf dich! 💚

     

    Referenzen

    • Engert V. Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. [zitiert 29. April 2025]. Forschungsgruppe Sozialer Stress und Familiengesundheit. Verfügbar unter: https://www.cbs.mpg.de/selbststaendige-forschungsgruppen/social-stress-and-family-health
    • Bellavance MA, Rivest S. The HPA – Immune Axis and the Immunomodulatory Actions of Glucocorticoids in the Brain. Front Immunol. 31. März 2014;5:136.
    • Leigh SJ, Uhlig F, Wilmes L, Sanchez-Diaz P, Gheorghe CE, Goodson MS, u. a. The impact of acute and chronic stress on gastrointestinal physiology and function: a microbiota–gut–brain axis perspective. The Journal of Physiology. 2023;601(20):4491–538.
    • Cryan JF, O’Riordan KJ, Cowan CSM, Sandhu KV, Bastiaanssen TFS, Boehme M, u. a. The Microbiota-Gut-Brain Axis. Physiological Reviews. Oktober 2019;99(4):1877–2013.
    • Grossman P. Das Üben von Achtsamkeit: Eine einzigartige klinische Intervention für die Verhaltenswissenschaften. In: Achtsamkeit und Akzeptanz in der Psychotherapie. Ein Handbuch. Tübingen: dgvt-Verlag; 2005.
    • Layer P, Andresen V, Allescher H, Bischoff SC, Claßen M, Elsenbruch S, u. a. Update S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) – Juni 2021 – AWMF-Registriernummer: 021/016. Z Gastroenterol. Dezember 2021;59(12):1323–415.
    • Brown L, Rando AA, Eichel K, Van Dam NT, Celano CM, Huffman JC, u. a. The Effects of Mindfulness and Meditation on Vagally-Mediated Heart Rate Variability: A Meta-Analysis. Psychosom Med. 2021;83(6):631–40.
    • Gerritsen RJS, Band GPH. Breath of Life: The Respiratory Vagal Stimulation Model of Contemplative Activity. Front Hum Neurosci. 9. Oktober 2018;12:397.
    • Johnson RL, and Wilson CG. A review of vagus nerve stimulation as a therapeutic intervention. Journal of Inflammation Research. 16. Mai 2018;11:203–13.
    Carina Gurtner BSc, BA
    Carina Gurtner BSc, BA
    Ernährungswissenschaftlerin
    Als Ernährungswissenschaftlerin und Medien- & Kommunikationswissenschaftlerin nutzt Carina ihre Expertise, um komplexe Gesundheitsthemen verständlich zu vermitteln. Ihr Ziel ist es, andere zu einem bewussten, gesunden und nachhaltigen Lebensstil zu inspirieren.