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Sport ist gut, aber Yoga ist besser! Wir betonen immer wieder wie wichtig Bewegung für ein gesundes Darm-Mikrobiom ist. Aber wusstest du, dass vor allem Yoga bei deinem Mikrobiom sehr beliebt ist und sich positiv auf deine Darmgesundheit auswirken kann? Wir wollten das genauer erforschen und haben die promovierte Mikrobiologin und Yogalehrerin Eva Maria Hoffmann-Gombotz gefragt. Eva selbst sagt: “Yoga ist kein Trend-Sternchen, das am Fitnesshimmel kurz aufflackert. Yoga ist eine jahrtausendealte fundierte Wissenschaft.” Sie nutzt Yoga gezielt, um die Darmgesundheit ihrer Kunden zu verbessern und erzählt uns in diesem Artikel wie es dazu kam. Du erhältst außerdem spannende Übungen zum direkten Umsetzen!
„Warum praktizierst du als Wissenschaftlerin Yoga?“ Fragen, wie diese höre ich oft. Sehr oft sogar. Und die Antwort ist: Weil es Sinn macht. Aber immer der Reihe nach.
Mein Name ist Eva Maria Hoffmann-Gombotz. Ich bin promovierte Mikrobiologin, selbstständige Referentin für Darmgesundheit und Yogalehrerin. Viele Jahre lang habe ich an der Medizinischen Universität Graz an der Entstehung von Dickdarmkrebs geforscht, bis mich meine Liebe zum Darm die Fronten wechseln ließ. Heute widme ich mein Leben zu 100% dem Thema Darmgesundheit. Ich beschäftige mich mit der darmflorafreundlichen Ernährung. Den Einfluss des Lebensstils auf unsere Verdauung. Den Zusammenhang von Stress und der intestinalen Besiedelung.
Mit meinem Wissen unterstütze ich Unternehmen dabei, ihre MitarbeiterInnen aus der Mitte heraus, zu stärken. In Seminaren und Workshops bringe ich die neuesten Erkenntnisse der Mikrobiomforschung, in leichter verdauliche Häppchen verpackt, in die Arbeitswelt. Menschen sich in ihren Darm verlieben zu lassen – das ist meine Mission. In meinen Kursen verwöhnen wir den Darm, mit Massagen, darmflorafreundlichen Lebensmittel und durch eine gezielte Yogapraxis.
Om, für das Mikrobiom
Als ich vor Jahren meine ersten Yogakurse ausgeschrieben hatte, kamen meine TeilnehmerInnen wegen ihrer Nackenverspannungen, Rückenprobleme oder Schulterschmerzen zu mir. Auffällig ist, dass gerade in den letzten Monaten immer mehr TeilnehmerInnen bei mir auf der Matte landen, weil sie an Verdauungsproblemen leiden. Natürlich ist das kein Zufall.
Corona und Home-Office hinterlassen ihre Spuren – auch im Darm
Zum einen sorgt die Covid19-Pandemie immer noch für Ängste und Sorgen. Das Arbeiten im Home-Office verleitet zum ungezügelten Schlemmen. Und diese Kombination schlägt vielen nicht nur auf die Stimmung, sondern ebenso auf Magen/Darm.
Mit Yoga-Therapie zur Darmgesundheit
Zum anderen hat sich mein Arbeitsansatz herumgesprochen. In den vergangenen drei Jahren habe ich meine Kompetenzen gebündelt und akribisch wissenschaftliche Artikel studiert. Ich habe mich in „Yoga Therapy for Digestive Health“ ausbilden lassen und durfte am eigenen Körper erleben, welche erstaunliche Wirkung eine achtsame Yogapraxis auf den Körper, Geist und das intestinale Mikrobiom hat. Das war die Geburtsstunde von „Stark aus der Mitte“. Einem Programm, dass Darmgesundheit, Ernährung und Yoga vereint.
Yoga ist eine jahrtausendealte fundierte Wissenschaft
Yoga ist kein Trend-Sternchen, das da am Fitnesshimmel kurz aufflackert. Yoga ist eine jahrtausendalte fundierte Wissenschaft. Immer mehr Studien belegen, dass das regelmäßige Praktizieren von Yoga einen positiven Einfluss auf die Gesundheit hat. Zum Beispiel werden Entzündungsmarker gesenkt, die Schlafqualität scheint sich zu verbessern, das Immunsystem profitiert enorm. Eine Studie ergab bei PatientInnen mit dem Reizdarmsyndrom den gleichen Nutzen, wie eine Low-FODMAP-Diät.
Bei einem gereizten Darm kann Yoga auf unterschiedliche Weise entspannen:
Eine bewusste tiefe Bauchatmung kann jetzt für Ruhe zu sorgen.
Atmung!
In Zeiten des Stresses wird die Atmung flach und schnell. Hauptsächlich erfolgt sie im Brustraum. Ein tiefes Durchatmen fällt da schwer. Es ist der Sympathikus, jener Anteil des autonomen Nervensystems der für Fight or Flight (Kampf oder Flucht) zuständig ist, der uns durch den Alltag jagt. Die Muskulatur von Armen und Beinen werden gut durchblutet. Ebenso unser Herz. All das ist wichtig, wollen wir vor der Gefahr davonlaufen. Unser Darm – der schaut allerdings durch die Finger. Denn für eine adäquate Verdauung, die Nährstoffversorgung der Darmepithelzellen, ein Zurücklehnen-und-Verdauen, gibt keine Chance. Wird diese Stress-Situation zum „Normalzustand“ leiden Mensch und Darm. Meiner Erfahrung nach führt dies zu Blähungen, Verstopfung, Durchfall. Oder eine Kombination aus allem.
Einmal tief durchatmen!
Die gute Nachricht: Eine bewusste tiefe Bauchatmung kann jetzt für Ruhe zu sorgen. Diese achtsame Atmung weckt den gechillten Bruder des hyperaktiven Sympathikus auf: Den Parasympathikus. Deine Aufgaben sind: Rest and Digest (Ruhen und Verdauen). In meinen darmgesunden Yogakursen lehre ich meinen Studierenden die sogenannte Ujjayi-Atmung. Dabei wird die Einatmung in den Bauch gelegt. Es gilt die Bauchdecke vollkommen zu entspannen und nach vorne zu wölben. Während der Ausatmung visualisiert man, eine Fensterscheibe mit der Atemluft zu beschlagen. Der Atem wird mit geschlossenen Lippen gehaucht. Dadurch geraten die Stimmritzen ins Schwingen. Diese Vibration aktiviert den Nervus Vagus, die Standleitung zwischen Darm und Gehirn. Wir kommen zur Ruhe. Wir haben Energie zum Verdauen. Die Bauchatmung massiert die Bauchorgane und kann Verdauungsproblemen entgegenwirken.
Atemübung für ein gutes Bauchgefühl: Lege dich auf eine Yogamatte oder eine Decke. Unterstütze mit einem flachen Kissen den Kopf, damit der Nacken nicht überstreckt, sondern entspannen kann. Lege deine Handflächen auf den Bauch. Schließe die Augen. Löse die Zahnreihen von einander und die Zunge vom Gaumen. Spüre neugierig zu deinem Atem hin. Hebt sich die Bauchdecke? Lasse mit der Ausatmung den Bauch ganz weich werden. Nimm´ wahr, wie die Bauchdecke wieder nach unten sinkt. Übe für 2 Minuten. Dann strecke und räkle dich.
Dauerstress verändert nachweislich die Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota, Meditation kann helfen!
Darm-Hirn-Achse
„Yoga für den Darm“ ist eine Praxis für die Darm-Hirn-Achse. Gehirn und Darm sind über 100 Millionen Nervenzellen im ständigen Austausch. Die beiden kommunizieren, ohne Unterlass. Dauerstress verändert nachweislich die Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota. Verändern sich die Bewohner in der WG in unserem Untergeschoss, macht sich das in der Beschaffenheit der mikrobiellen Stoffwechsel-Produkte bemerkbar. Unsere Darmbakterien spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um die Balance von Hirnbotenstoffen geht. Dazu zählen Serotonin, Noradenalin, und auch Dopamin.
Mit einer achtsamen Yogapraxis gelingt es, sich wieder mehr der Zentralachse zuzuwenden – Verbindung aufzunehmen, mit der eignen Mitte – der Darm kommt zur Ruhe und es gelingt – jedenfalls zeitweilig – auch den Antreiber in unserem Gehirn eine Pause zu gönnen. Ziel der bewussten Darm-Yogapraxis ist es den Bauchschmerz wahrzunehmen. Ohne sich zu versteifen. Ohne den Atem anzuhalten. Sondern im sicheren Raum anzunehmen, was da ist. Diese Entspannung ist ein „Reset“ für die Darm-Hirn-Achse.
Meditation für ein gutes Bauchgefühl: Finde eine angenehme Sitzposition. Gerne an eine Wand gelehnt. Schließe die Augen. Konzentriere dich mit geschlossenen Augen auf deine Nasenspitze. Atme gleichmäßig und ruhig, über die Nase, ein und aus. Verweile für 3-5 Minuten. Dann blinzle in den Raum, schüttle dich durch und genieße das wohlige Gefühl.
Yoga für den Darm beeinflusst unsere Verdauung in vielerlei Hinsicht.
Bewegung!
Bewegungsmangel, eine einseitige, ballaststoffarme Ernährung und das kombiniert mit einer unzureichenden Flüssigkeitsaufnahme macht den Darm träge. Im Yoga spricht man auch vom Verdauungsfeuer Agni, das erlischt. Eine regelmäßige Verdauung benötigt muskuläre Kraft. Yoga für den Darm beeinflusst unsere Verdauung in vielerlei Hinsicht: Zum einen stärken wir die Muskelkraft, der Lymphfluss wird angeregt, ebenso die Durchblutung gefördert. Das fasziale Netzwerk, dass uns Menschen zusammenhält, wird befeuchtet und erlangt neue Flexibilität. Durch gezieltes, achtsames Ausbreiten, Dehnen und Strecken, halten wir unsere Faszien geschmeidig und schaffen mehr Platz für unsere Organe.
Zudem kümmert sich eine darmbewusste Yoga-Praxis um den stärksten Muskel des menschlichen Körpers: Die unseres Kiefers. Arbeiten wir konzentriert, runzeln wir die Stirn. Sind wir voll und ganz bei einer Sache, passiert es leicht, dass wir uns „verbeißen“. Aus yogischer Sicht stagniert die Energie jetzt im Kopf-Bereich. Der Nacken wird steif. Die Schultern schmerzen. In meinen Kursen beginnt jeder Yoga-Einheit mit Entspannungsübungen für das Gesicht – im Sinne der Darmgesundheit.
Zu guter Letzt spielt der Musculus Psoas major (Der Muskel der Seele) eine tragende Rolle. Der Psoas liegt versteckt im Unterbauch, verbindet Ober- und Unterkörper. Er ist der stärkste Hüftbeuger des menschlichen Körpers, mit vielen wichtigen Funktionen. Er stabilisiert die Wirbelsäule, wie die Organe im Bauchraum. Er fördert dort die Durchblutung, er steuert das Zwerchfell, er massiert die Lendenwirbelsäule und sorgt für Entspannung der inneren Organe.
Die Bezeichnung „Muskel der Seele“ rührt daher, weil der Muskel bei Stress anspannt. Das lässt sich auf die gute, alte „Fight or Flight“-Reaktion zurückführen. Auch ganztägiges Sitzen am Bürostuhl bringt diesen Muskel zum Verkümmern und Verkürzen. Die Atmung stockt, der Bauch zwickt. Darum gilt die Aufmerksamkeit in meinen darmgesunden Yogastunden der Entlastung des Psoas. Fühlt sich der Muskel der Seele wohl, schließen sich Darm und Mensch an.
Klassische Übung für ein gutes Bauchgefühl: Sufi-Kreisen: Setze dich im Kreuzsitz auf eine Matte und beginne mit der Wirbelsäule zu kreisen. Starte mit kleinen Kreisen, erlaube ihnen größer zu werden. Ändere auch die Richtung. Sehr langsam erlaube der Bewegung kleiner und kleiner zu werden. Genieße vor allem die winzigen Kreise, die von außen gar nicht gesehen werden.
Unser intestinales Mikrobiom braucht Ballast-und Faserstoffe.
Ernährung!
Als ich begonnen habe, mich mit einer darmflorafreundlichen Ernährung auseinanderzusetzen, war ich begeistert und fasziniert. Bis zu diesem Moment fehlte mir das Bewusstsein, dass ich mit jedem einzelnen Bissen, der in meinen Mund landet, die Verantwortung für Billionen von Bakterien trage. Es geht also nicht nur um unsere menschlichen Gelüste!
Unser intestinales Mikrobiom braucht Ballast-und Faserstoffe. Die Bakterien lieben eine Mediterrane Kost. Die feiern eine riesige Party im Darm, wenn sie mit überwiegend pflanzlichen Nahrungsmitteln genährt werden. Als „Dankeschön“ produzieren sie Stoffe, die unsere Darmbarriere stärken. Unserem Immunsystem zu Gute kommt. Unsere Stimmung steigert. Mich persönlich hat am meisten erstaunt, dass es zwischen dieser darmflorafreundlichen Kost und den Ernährungsempfehlungen der alten Yogis so viele Parallelen gibt. Auch die alten Schriften sprechen sich für eine pflanzliche Kost aus, raten dazu, den Magen nur zu 80% zu füllen.
Wohlbefinden zu essen, ist also möglich.
Und nachzusehen, welchen Effekt dies auf unsere intestinalen Mitbewohner hat, ebenso. Ich habe dazu eine Mikrobiomanalyse von myBioma durchgeführt und bin sehr stolz auf die Diversität meines Mikrobioms.
Lieblingsessen für ein gutes Bauchgefühl: „Iss den Regenbogen“. Verzichte auf Fertigprodukte. Achte auf versteckten Zucker. Trink ausreichend Wasser. Integriere Nüsse und Hülsenfrüchte in deinen Speiseplan. Je abwechslungsreicher, umso mehr Freude bereitest du deinen Bakterien.
Positive Gedanken!
In meiner langjährigen Arbeit mit dem Darm und Menschen, denen er Ärger bereitet, habe ich viele Menschen (ver-)zweifeln sehen. Das Vertrauen in den eigenen Körper fehlt. Es gibt großen Frust, weil zum Beispiel aufgrund von Bauchbeschwerden Restaurant-Besuche unmöglich geworden sind. Oder das Ausüben der Arbeit. Das Pflegen von sozialen Kontakten. In meinen Yogaeinheiten für den Darm geht es nicht nur um die Bewegung und die Atmung, sondern auch um die mentale Stärke.
Gemeinsam schaffen wir einen sicheren Raum, in dem alles erlaubt ist. Wut, Ärger, Bauchgeräusche, Regeneration und die Freude über all das, was der Körper – trotz Bauchschmerz – immer noch kann.