Sprossen sind kleine Kraftpakete, die das ganze Jahr über direkt in der Küche wachsen können. Du benötigst dafür keinen Balkon, keinen Garten und nicht einmal einen grünen Daumen. Sie sind die idealen Begleiter in der kalten Jahreszeit - um das Immunsystem zu unterstützen und den Körper mit wertvollen Nährstoffen zu versorgen. Sprossen wie Kresse, Alfalfa, Brokkoli und Mungbohnen enthalten reichlich Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und Antioxidantien. Außerdem werten sie jede Mahlzeit optisch auf und bringen knackig-frischen Genuss auf den Teller.
Was sind überhaupt Sprossen?
Sprossen können aus den Samen vieler verschiedener Pflanzen gezogen werden. Je nach Sorte kann man sie nach ca. 3-8 Tagen ernten und verspeisen.
Während in Asien Mungbohnen- und Sojasprossen ein fester Bestandteil der traditionellen Küche sind, gewinnen die Baby-Pflanzen auch bei uns immer mehr an Beliebtheit. Und das aus gutem Grund! Denn durch den Keimprozess erhöht sich der Anteil bioaktiver und bioverfügbarer Nährstoffe – wir profitieren also von mehr und besser verfügbaren Mineralstoffen, Vitaminen und Antioxidantien, als beim Verzehr von ungekeimten Hülsenfrüchten oder Getreidekörnern (1).
Wie es dazu kommt? Der Samen einer Pflanze enthält alle wichtigen Nährstoffe, die er braucht, um zu einer neuen Pflanze heranwachsen zu können. Dazu gehören Vitamine, Mineralien, Proteine, Fette und Kohlenhydrate. Wenn der Samen zu keimen beginnt, passiert etwas Aufregendes: Er fängt an, Enzyme zu produzieren. Diese kann man sich wie kleine Arbeiter vorstellen, die die gespeicherten Nährstoffe so umwandeln, dass die neue, heranwachsende Pflanze sie für das Wachstum nutzen kann. Gleichzeitig werden sogenannte antinutritive Substanzen, welche die Nährstoffaufnahme hemmen, abgebaut. Von diesen Prozessen profitieren wir, wenn wir den Spross essen - denn auch unser Körper kann somit diese wichtigen Nährstoffe besser aufnehmen und verwerten (2).
Sprossen sind kleine grüne Nährstoffbomben, die roh verzehrbar und vielseitig verwendbar sind - zum Beispiel als Topping auf Brot mit Frischkäse.
Wie gesund sind Sprossen?
Sprossen haben zahlreiche Eigenschaften, die sie zu einem wahren Superfood machen - auf kleinstem Raum besitzen sie überproportional viele Nährstoffe (1,2):
- Antioxidantien: Der hohe Gehalt an verschiedenen Polyphenolen, wie zum Beispiel Carotinoiden, verleihen Sprossen unter anderem antioxidative Eigenschaften. Antioxidantien schützen Zellen vor Schädigungen und unterstützen somit das Immunsystem und die allgemeine Gesundheit.
- Vitamine: Sprossen liefern uns eine große Bandbreite an Vitaminen wie Vitamin C, Vitamin E und B-Vitamine wie Folsäure, Thiamin, Niacin und Riboflavin.
- Ballaststoffe: Der Ballaststoffgehalt von Hülsenfrüchten und Getreidesorten erhöht sich während des Keimvorgangs (3,4).
Außerdem sorgen Prozesse während der Keimung für zahlreiche Eigenschaften, von denen wir profitieren:
- Erhöhte Bioverfügbarkeit von Proteinen: Durch die Keimung werden Proteine, die im Samen gespeichert sind, in kleinere Bausteine - den Aminosäuren, zerlegt. In Folge können wir diese Aminosäuren besser aufnehmen und zu körpereigenen Proteinen aufbauen.
- Erhöhte Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen durch den Abbau antinutritiver Substanzen: Pflanzen enthalten natürlicherweise Substanzen wie Phytate, Oxalate und Tannine, welche die Aufnahme von bestimmten Mineralstoffen im Körper behindern können. Durch den Keimvorgang werden diese Stoffe teilweise abgebaut und wir können wichtige Mineralstoffe wie Eisen und Kalzium aus den Sprossen besser aufnehmen.
- Bessere Verdaubarkeit: Schwer verdauliche Kohlenhydrate werden zum Großteil abgebaut und zu einfacher verdaulichen Kohlenhydraten umgewandelt.
- Gluten-Reduzierung: Bei Getreide konnte beobachtet werden, dass das Getreideprotein Gluten durch den Keimprozess reduziert wird. Daher können Getreidesprossen oder Produkte aus gekeimten Getreide bei Personen mit Glutensensitivität eine gute Alternative sein (3).
- Stärkung des Darm-Mikrobioms: Während des Keimprozesses steigt der Gehalt an wertvollen sekundären Pflanzenstoffen wie Polyphenole, präbiotische Ballaststoffe, Aminosäuren und γ-Aminobuttersäure (= GABA, ein Neurotransmitter mit beruhigender Wirkung) um ein etwa 4 bis 10-faches an. Diese Stoffe können das Wachstum wichtiger Darmbakterien fördern und ihre Aktivität steigern (5).
Da Sprossen in der Regel roh verzehrt werden, gehen kaum wertvolle, hitzeempfindliche Mikronährstoffe wie Vitamin C verloren.
Welche Sprossen sind am gesündesten?
Jede Pflanze hat ihre individuelle Nährstoffzusammensetzung und somit ihre spezifischen gesundheitlichen Vorteile, weshalb man am besten so abwechslungsreich wie möglich essen sollte. Dasselbe gilt auch für Sprossen und es lässt sich nicht pauschal sagen, welche Sorte am gesündesten ist.
Allerdings bestechen besonders Kreuzblütler-Sprossen mit einer besonderen Eigenschaft: Ihrem hohen Gehalt an Glucosinolaten (Senfölglucoside). Insbesondere Brokkoli-Sprossen zeigten in einigen Studien dank ihres besonders hohen Gehalts an Sulforaphan (dem bekanntesten Glucosinolat) zellschützende und antikarzinogene Eigenschaften – sie scheinen also sogar zum Schutz vor bestimmte Krebsarten beitragen zu können (6). Außerdem können sich Brokkolisprossen durch diese Inhaltsstoffe positiv auf die Herz-Kreislauf- und Stoffwechselgesundheit auswirken (7). Übrigens befinden sich in Brokkolisprossen bis zu 50-mal mehr Glucoraphanin (die Vorstufe des gesundheitsfördernden Sulforaphans) als im ausgewachsenen Brokkoli (2).
Brokkolisprossen: Eine ausgezeichnete Quelle für das gesundheitsförderliche Sulforaphan.
Können Sprossen gefährlich sein?
In der Regel können Sprossen bedenkenlos roh gegessen werden. Allerdings können sich in der feucht-warmen Umgebung, die für das Sprossenwachstum notwendig ist, unerwünschte, gesundheitsgefährdende Mikroorganismen wie E.Coli oder Salmonellen gut vermehren. Leider kann es außerdem passieren, dass bereits die Samen kontaminiert sind und dies nicht immer sofort an den Sprossen erkennbar ist (2). Kinder, schwangere Frauen, ältere Menschen und Personen mit einem schwächeren Immunsystem sollten sowohl gekaufte, als auch selbst gezogene Sprossen aus diesem Grund ausreichend kochen und nicht roh verzehren.
Folgende Punkte solltest du beim Sprossen ziehen beachten, um das Risiko einer mikrobiellen Kontamination zu senken:
- Sorgsame Küchenhygiene: Wasche dein Sprossenglas vor dem Gebrauch gründlich.
- Auf die Qualität des Saatguts achten: Kaufe Samen von Anbietern, die mikrobiell geprüfte Qualität garantieren.
- Sprossen im Glas zweimal täglich durchspülen und gut abtropfen lassen, um das Wachstum unerwünschter Mikroorganismen zu verhindern.
- Lagerung von verzehrfertigen Sprossen im Kühlschrank: Verzehre deine Sprossen in wenigen Tagen und nur, wenn sie nach wie vor einwandfrei aussehen, riechen und schmecken.
- Sprossen vor dem Verzehr abwaschen und sichergehen, dass sie keine Anzeichen von Verderb (Geruch, schleimige Stellen) oder Schimmel aufweisen.
Sortenvielfalt: Die beliebtesten Sprossen im Überblick
Aus ganz vielen verschiedenen Pflanzensamen können Sprossen gezogen werden. Zu den beliebtesten (oder bekanntesten) zählen:
- Hülsenfrüchte: Linsen, Adzukibohnen, Kichererbsen, Sojabohnen, Mungobohnen, grüne Erbsen, …
- Getreide und Pseudogetreide: Buchweizen, Amaranth, Kamut, Quinoa, Hafer, Weizen, …
- Gemüse: Radieschen, Brokkoli, Senf, Rotklee, Kresse, Bockshornklee, …
Die Geschmacksprofile und Verwendungsbeispiele einiger unserer Lieblingssprossen und die Keimdauer, bis du sie verspeisen kannst, findest du in dieser Tabelle:
Sprossenart |
Geschmack & Textur |
Verwendung |
Keimdauer |
Mungobohnen-Sprossen |
Mild und knackig |
Asiatische Gerichte, Salate |
3-5 Tage |
Alfalfasprossen |
Mild, nussig, zart |
Topping für belegte Brote |
4-6 Tage |
Brokkolisprossen |
Leicht scharf, würzig, zart-knackig |
Salate und Sandwiches |
3-5 Tage |
Kresse |
Leicht scharf, würzig, zart |
Topping für belegte Brote |
3-6 Tage |
Rote Radieschensprossen |
Würzig-scharf, zart-knackig |
Hingucker-Topping |
4-5 Tage |
Gekeimter Buchweizen |
Mild, nussig, zart-knackig |
Müsli, Granola, Salate |
2 Tage |
Anleitung zum Sprossen ziehen
Um Sprossen selber zu ziehen, benötigst du deine ausgewählte Samensorte (am besten in Bio-Qualität), ein Sprossenglas und eine Abtropfschale / Teller.
Tipp für Selbermacher: ein großes Gurkenglas mit durchlöchertem Schraubdeckel erfüllt auch prima seinen Zweck.
So kannst du deine eigenen Sprossen das ganze Jahr über selber ziehen: Nährstoffreiches Superfood von der Fensterbank.
Wir haben uns für diese Anleitung für Brokkolisprossen entschieden. Das Prinzip ist aber für alle Sprossen ähnlich – Unterschiede gibt’s nur in der Einweichzeit und wie lange die Sprossen brauchen, um verzehrfertig zu sein. Diese Infos findest du aber meistens auf der Verpackung.
- Waschen: Spüle deine Samen zum Beispiel mit Hilfe eines Küchensiebs gut durch.
- Einweichen: Gib 1-2 EL deiner Samen in dein Sprossenglas, fülle es bis ca. zur Hälfte mit Wasser auf und lass die Brokkolisprossen mindestens sechs Stunden oder einfach über Nacht einweichen.
- Abgießen und Sprießen lassen: An einem vor direktem Sonnenlicht und starker Hitze geschützten Platz wachsen Sprossen am liebsten. Nach dem Einweichen kannst du das Wasser über dem Waschbecken ausleeren und das Glas schräg abstellen, sodass überschüssiges Wasser abtropfen kann.
- Regelmäßig spülen: Zweimal am Tag (am besten morgens und abends) füllst du das Glas mit frischem Wasser, schüttelst es etwas, leerst das Wasser wieder aus und stellst es wieder in Schräglage auf deine Abtropfschale.
- Ernten und Genießen: Bereits nach 3-5 Tagen sind Brokkolisprossen ausreichend gewachsen und bereit, deinen Körper mit Nährstoffen zu versorgen. Die ersten Keimblätter sollten sichtbar, aber nicht vollständig entwickelt sein.
- Lagern: Sprossen, die du nicht sofort verzehrst, kannst du in einem luftdurchlässigen Behälter im Kühlschrank für 2-3 Tage aufbewahren.
Achtung: Bevor du dein Sprossenglas erneut verwendest, denk daran, es gründlich zu reinigen, damit sich keine Keime bilden.
Tipp: Für manche kleinere und schleimbildende Keimlinge wie Kresse eignet sich ein Sprossensieb oder eine mit Watte ausgelegte Schale besser als ein Sprossenglas. Das Spülen ersetzt du einfach mit gießen (oder vielmehr befeuchten), damit die Samen nicht austrocknen – das klappt am besten mit einer kleinen Sprühflasche. Achte darauf, dass die Samen nicht schwimmen und ausreichend Platz haben.
Kresse-Sprossen kannst du ganz einfach in einer Schale mit Watte selber ziehen.
FAQ’s zum Thema Sprossen ziehen
Was ist der Unterschied zwischen Sprossen und Microgreens?
Microgreens dürfen etwas länger wachsen als Sprossen: Sie werden ca. nach 10-20 Tagen geerntet. Sie haben einen zentralen Stiel mit zwei voll entwickelten, jungen Keimblättern und in der Regel ein Paar kleiner, echter Blätter und zeichnen sich ebenfalls durch einen hohen Nährstoffgehalt aus (1).
Schimmeln meine Sprossen?
Wenn deine Samen weiße Härchen zeigen, kannst du beruhigt sein: Meist handelt es sich hierbei um sogenannte Mikrowurzeln oder Sprossenhärchen, die vollkommen harmlos sind. Bei den folgenden Punkten solltest du deine Sprossen allerdings entsorgen:
- Flaumiger, watteartiger Belag: Schimmel bildet oft weiße, graue oder grünliche, flaumige Stellen, die sich von den zarten Mikrowurzeln unterscheiden. Bei Unsicherheiten hilft ein Wassertest: Mikrowurzeln verschwinden, wenn die Sprossen gespült oder eingeweicht werden, da sie sich an die Wurzeln anlegen. Schimmel bleibt hingegen sichtbar.
- Unangenehmer Geruch: Frische Sprossen riechen mild und leicht erdig. Ein säuerlicher, muffiger oder fauliger Geruch deutet auf Schimmel und Verderb hin.
- Schleimige oder verfärbte Stellen: Eine matschige Konsistenz und Verfärbungen sind Anzeichen von Bakterien- oder Schimmelwachstum. Achte darauf, die Flüssigkeit nach dem Wässern immer sorgfältig abzugießen und sorge für ausreichend Belüftung.
Wie lange sind Sprossen haltbar?
Im Kühlschrank sind Sprossen in einem luftdurchlässigen Behälter ca. 2-3 Tage haltbar. Kontrolliere vor dem Verzehr, ob sie sie nach wie vor einwandfrei aussehen, riechen und schmecken.
Rezeptideen mit Sprossen
- Salate: Nutze Sprossen um Salate mit Mikronährstoffen und Proteinen aufzupeppen und ihnen eine zusätzliche Geschmacksnote zu geben.
- Smoothies: Brokkoli-, Rotklee- und Alfalfa-Sprossen sorgen für eine Extraportion Mikronährstoffe in deinem Smoothie - ohne zu starkem Eigengeschmack.
- Müsli: Gekeimte Getreidesorten wie Weizen und Gerste oder Pseudogetreide wie Buchweizen und Quinoa kannst du toll im Müslis, Frühstücksbrei oder selbstgemachten Granola verwenden. Der Keimprozess sorgt für bessere Verträglichkeit und bessere Nährstoff-Verfügbarkeit.
- Vielfältiges Topping: Sprossen sind das farbenfrohe i-Tüpfelchen auf jedem Teller. Du kannst sie für nahezu jedes Gericht verwenden. Probiere sie zum Beispiel auf einer Buddha Bowl, auf gebackenen Süßkartoffeln oder streue sie auf unsere Karotten-Kurkuma-Suppe.
Noch mehr leckere Rezepte und spannendes Ernährungswissen findest du übrigens auch in unserem umfangreichen Rezepte E-Book "Mikrobiomfutter".
Referenzen
- Ebert AW. Sprouts and Microgreens—Novel Food Sources for Healthy Diets. Plants. Januar 2022;11(4):571.
- Di Gioia F, Renna M, Santamaria P. Sprouts, Microgreens and “Baby Leaf” Vegetables. In: Yildiz F, Wiley RC, Herausgeber. Minimally Processed Refrigerated Fruits and Vegetables [Internet]. Boston, MA: Springer US; 2017. S. 403–32. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-1-4939-7018-6_11
- Koehler P, Hartmann G, Wieser H, Rychlik M. Changes of folates, dietary fiber, and proteins in wheat as affected by germination. J Agric Food Chem. 13. Juni 2007;55(12):4678–83.
- Megat, Azlan A, Me N. Effect of germination on total dietary fibre and total sugar in selected legumes. Int Food Res J. 1. Januar 2016;23:257–61.
- Maleki S, Razavi SH, Yadav H, Letizia Manca M. New horizon to the world of gut microbiome: seeds germination. Crit Rev Food Sci Nutr. 0(0):1–19.
- Abellán Á, Domínguez-Perles R, Moreno DA, García-Viguera C. Sorting out the Value of Cruciferous Sprouts as Sources of Bioactive Compounds for Nutrition and Health. Nutrients. Februar 2019;11(2):429.
- Houshialsadat Z, Mirmiran P, Zare-Javid A, Bahadoran Z, Houghton C. Beneficial Effects of Sulforaphane-Yielding Broccoli Sprout on Cardiometabolic Health: A Systematic Review and Meta-Analysis. Jundishapur J Nat Pharm Prod. 18. Oktober 2022;17.