Faktencheck: Netflix Doku „Hack your Health: Die Geheimnisse unserer Verdauung“ - myBioma

Faktencheck: Netflix Doku „Hack your Health: Die Geheimnisse unserer Verdauung“

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Netflix hat kürzlich eine neue Dokumentation über das Darm-Mikrobiom veröffentlicht! Immer mehr Menschen leiden an ernährungsbedingten Krankheiten. Im Dschungel unzähliger Ernährungstrends verliert man schnell den Überblick. Viele bleiben mit der Frage zurück, welche Lebensmittel und Ernährungsweisen denn nun tatsächlich guttun. Die Dokumentation unterstreicht, dass Ernährung sehr individuell ist und unser Mikrobiom – die Gemeinschaft der Billionen von Mikroorganismen in unserem Körper – einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden hat.  

Wir haben einige Inhalte der Dokumentation genauer unter die Lupe genommen und liefern euch hier den Faktencheck inklusive zusätzlichem Hintergrundwissen.

MyBioma Faktencheck: 6 Netflix-Aussagen auf dem Prüfstand

  1.  „Wir kommen weitgehend ohne Mikrobiom zur Welt. Wird ein Baby vaginal geboren, ist es dort zum ersten mal den Bakterien der Mutter ausgesetzt.“ 

    Die Plazenta schützt den Fötus im Bauch der Mutter vor Infektionen und Mikroorganismen. Die Geburt dürfte also laut dem letzten Stand der Wissenschaft tatsächlich den ersten Kontakt des Babys mit Mikroorganismen darstellen (1). Durchschnittlich kommen fast 60 % des Mikrobioms eines Neugeborenen von der Mutter, die anderen Mikroorganismen stammen von der Umwelt. Wie in der Doku beschrieben, erhalten vaginal geborene Babys die Mikroben vor allem aus dem Vaginal- und Darmsekret. Dieser Kontakt fehlt bei Babys, die per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen sind. Das vermeintliche Defizit kann aber beim Stillen über das Mikrobiom der Muttermilch ausgeglichen werden (2). 
  2. „Stuhlproben einer anderen Person können deine Gesundheit verbessern.“

    Die Stuhltransplantation ist eine vielversprechende Methode zur Wiederherstellung eines gesunden Mikrobioms und zur Bekämpfung schädlicher Bakterien. Die Prozedur wird derzeit hauptsächlich bei der hartnäckigen Infektion mit Clostridioides difficile eingesetzt und erfolgt ausschließlich in einem klinischen Setting unter ärztlicher Aufsicht (3). Szenen aus der Netflix Doku zeigen, wie eine Frau Kapseln mit dem Stuhl ihres Partners und Bruders schluckt. Von solchen Selbstversuchen ist unbedingt abzuraten, denn sie bergen Risiken. Spender:innen könnten möglicherweise nicht nur gesundheitsförderliche, sondern auch gefährliche Bakterien, wie zum Beispiel Shiga-Toxin-produzierenden Escherichia Coli, übertragen (4)
  1. „Maßgeschneiderte Probiotika können die Gesundheit ganz gezielt verbessern. Die meisten freiverkäuflichen Probiotika enthalten keine im Verdauungstrakt vorkommenden Bakterienstämme.“ 

    Die FDA und die WHO definieren Probiotika als lebende Mikroorganismen, die dem Menschen bei ausreichender Verabreichung gesundheitliche Vorteile bieten. Probiotika unterstützen das Immunsystem, produzieren nützliche Substanzen wie organische Säuren und antimikrobielle Verbindungen, interagieren mit anderen Darmbakterien, stärken die Darmbarriere und bilden wichtige Enzyme für verschiedene Körperfunktionen. Häufig verwendete Probiotika gehören zu den Gattungen Lactobacillus, Bacillus, Bifidobacterium und Saccharomyces und kommen sehr wohl im Verdauungstrakt vor. Allerdings ist bei der Auswahl tatsächlich sehr wichtig, auf die Qualität zu achten, denn viele der im Handel erhältlichen Produkte sind ohne nachgewiesene Wirkung. Generell deuten einige Studien auf positive Effekte hin. Insgesamt bedarf es aber weiterer Forschung, um individuelle Therapieerfolge zu sichern (5–7).  
  1. „Fermentierte Lebensmittel sind die ursprünglichen Probiotika. In ihnen tummeln sich verschiedene Bakterien.“

    In der Doku wird die Herstellung von in Salzlake fermentiertem Gemüse gezeigt. Bei dem Prozess handelt es sich um eine der ältesten Methoden zur Konservierung von Lebensmitteln. Vor allem Milchsäurebakterien (Laktobazillen), die natürlicherweise auf unbehandeltem Gemüse vorkommen, vermehren sich während des Fermentationsprozesses und produzieren Vitamine, Mineralstoffe und antimikrobielle Substanzen. Wir profitieren zum einen durch die Aufnahme dieser lebenden Bakterien (Probiotika), indem sie die Vielfalt unseres Darm-Mikrobioms fördern. Zum anderen macht der Fermentationsprozess die Lebensmittel einfacher für uns verdaubar und wichtige Nährstoffe besser für unseren Körper verfügbar (8,9) 

Tipp: Achte beim Kauf unbedingt auf naturbelassene und unpasteurisierte Produkte, oder trau dich selbst ans Fermentieren! Kennst du schon unser Rezept für selbstgemachtes Kimchi? 

  1. „Entscheidend ist, dass man möglichst verschiedene Pflanzenarten zu sich nimmt, in jeder Form und so viele wie möglich. Futter für die Mikroben!“

    Je mehr verschiedene Sorten von Gemüse und Obst du isst, desto besser für deine Darmgesundheit. Warum? Weil dadurch die Vielfalt der Bakterien in deinem Darm gesteigert wird (10). Wenn deine Darmflora aus einer bunten Mischung verschiedenster Bakterien besteht, geht es deinem Darm gut. Ist die Vielfalt niedrig, erhöht sich das Risiko für zahlreiche Erkrankungen. Versuche daher, eine bunte Vielfalt an Gemüse, Obst, Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und probiotische Lebensmittel wie Sauerkraut, Naturjoghurt oder Kefir in deine Ernährung zu integrieren. Bei Ernährungsumstellungen ist es wichtig, langsam vorzugehen und Ballaststoffe Schritt für Schritt zu erhöhen, damit sich deine Darmbakterien anpassen können. 

Tipp: Unterschiedliche Gemüsesorten in kleinen Mengen auf deinem Teller sind besser als viel Gemüse von nur einer einzigen Sorte. In unserem Rezepte e-book „Mikrobiomfutter“ warten über 40 Rezepte für ein gesundes Darm-Mikrobiom und nützliches Wissen, wie Lebensmittel auf deine Darmbakterien wirken. Jetzt kaufen. 

  1. „Wenn man den Mikroben nicht genug Ballaststoffe gönnt, fangen sie an, dich zu vertilgen: Sie beginnen, sich über die Darmschleimhaut herzumachen.“

Eine ballaststoffreiche Ernährung fördert eine Bakteriengemeinschaft, welche die Pflanzenfasern in Stoffe umwandeln, die für unseren Körper außerordentlich nützlich sind. Eine ballaststoffarme Ernährung hingegen führt zu einem Rückgang der nützlichen ballaststoffabbauenden Bakterien und zu einer Zunahme an Bakterien, die deine Darmschleimhaut angreifen und Entzündungen auslösen können. Die Darmschleimhaut ist wie eine Schutzschicht, die verhindert, dass Krankheitserreger und potenziell schädlichen Mikroorganismen in deinen Körper gelangen (11,12). Die Aussage ist daher zwar nicht gänzlich falsch, aber etwas zu einfach formuliert – denn nur die wenigsten Bakterien schaden deinem Körper und bauen Darmschleim ab. Die meisten verschwinden einfach, wenn man sie nicht ausreichend füttert, machen dadurch aber Platz für ungewollte Mikroben-Bewohner.

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    Welche Aussagen aus der Dokumentation haben bei dir für Verwirrung gesorgt? Über welche Themen möchtest du, dass wir genauer informieren? Schreibe uns eine Nachricht an service@mybioma.com oder auf Instagram. Wir freuen uns, von dir zu hören! 

     

    Referenzen

    • Kennedy KM, de Goffau MC, Perez-Muñoz ME, et al. (2023). Questioning the fetal microbiome illustrates pitfalls of low-biomass microbial studies. Nature. 613(7945):639–49.
    • Bogaert D, Beveren GJ van, Koff EM de, et al. (2023). Mother-to-infant microbiota transmission and infant microbiota development across multiple body sites. Cell Host Microbe. 31(3):447-460.e6.
    • Minkoff NZ, Aslam S, Medina M, et al. (2023). Fecal microbiota transplantation for the treatment of recurrent Clostridioides difficile (Clostridium difficile). Cochrane Database Syst Rev. 4(4):CD013871.
    • DeFilipp Z, Bloom PP, Torres Soto M, et al. (2019). Drug-Resistant E. coli Bacteremia Transmitted by Fecal Microbiota Transplant. N Engl J Med. 381(21):2043–50.
    • Butel MJ. Probiotics, gut microbiota and health. (2014). Médecine Mal Infect. 44(1):1–8.
    • Sanders ME, Merenstein DJ, Reid G, et al. (2019). Probiotics and prebiotics in intestinal health and disease: from biology to the clinic. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 16(10):605–16.
    • Suez J, Zmora N, Segal E, Elinav E. (2019). The pros, cons, and many unknowns of probiotics. Nat Med. 25(5):716–29.
    • Dimidi E, Cox SR, Rossi M, Whelan K. (2019). Fermented Foods: Definitions and Characteristics, Impact on the Gut Microbiota and Effects on Gastrointestinal Health and Disease. Nutrients. 11(8):1806.
    • Şanlier N, Gökcen BB, Sezgin AC (2019). Health benefits of fermented foods. Crit Rev Food Sci Nutr. 59(3):506–27.
    • van der Merwe M. (2021). Gut microbiome changes induced by a diet rich in fruits and vegetables. Int J Food Sci Nutr. 72(5):665–9.
    • David LA, Maurice CF, Carmody RN, et al. (2014). Diet rapidly and reproducibly alters the human gut microbiome. Nature. 505(7484):559–63.
    • Martens EC, Neumann M, Desai MS. (2018). Interactions of commensal and pathogenic microorganisms with the intestinal mucosal barrier. Nat Rev Microbiol. 16(8):457–70.
    Carina Gurtner BSc, BA
    Carina Gurtner BSc, BA
    Ernährungswissenschaftlerin
    Als Ernährungswissenschaftlerin und Medien- & Kommunikationswissenschaftlerin nutzt Carina ihre Expertise, um komplexe Gesundheitsthemen verständlich zu vermitteln. Ihr Ziel ist es, andere zu einem bewussten, gesunden und nachhaltigen Lebensstil zu inspirieren.