„Die Hormone sind schuld!“- jeder Mensch hat diesen Satz wahrscheinlich schon mindestens einmal in seinem Leben gehört. Oft tragen Hormone dazu bei, dass wir an Stimmungsschwankungen, Schmerzen, Hautproblemen, Menstruationsbeschwerden oder Schilddrüsenproblemen leiden. Jedoch wie kommt es dazu, dass wir überhaupt in ein Hormonungleichgewicht rutschen, und was haben unsere Darmbakterien damit zu tun? Diese Thematik und welchen Zusammenhang es zwischen Darm und Endometriose gibt, schauen wir uns in diesem Artikel an.
Was sind eigentlich Hormone?
Hormone sind Botenstoffe, die von endokrinen Drüsen gebildet und ins Blut sezerniert werden. Je nach Hormonart sind sie wasserlöslich oder fettlöslich. Zu den wasserlöslichen Hormonen zählt beispielsweise Insulin. Insulin kann man sich vorstellen, wie ein Taxi welches Zucker aus dem Blut in unsere Zellen transportiert. Fettlösliche Hormone sind Steroidhormone mit dem Grundbaustein Cholesterin. Ja, Cholesterin ist lebensnotwendig und wird von unserem Körper gebraucht. Nur wenn zu viel Cholesterin im Blut aufscheint, kann sich dies negativ auswirken, jedoch braucht jeder eine ausreichende Dosis an Cholesterin. Weshalb jedoch haben diese Botenstoffe solche Auswirkungen auf unseren Körper? Warum leiden Frauen beispielsweise während der Menstruation?
Der weibliche Zyklus
In der ersten Zyklushälfte der Frau wird vermehrt Östrogen produziert. Ein Hormon, welches dazu führt, dass die Gebärmutterschleimhaut aufgebaut wird (und, dass sich Frauen freizügiger kleiden). Darmbakterien haben Einfluss auf die Östrogenmenge im Körper. Sie produzieren das Enzym ß-Glucuronidase, welches für die Umwandlung von Östrogen in seine aktive Form verantwortlich ist. In der zweiten Hälfte wird das für die Frau beruhigende Progesteron produziert, welches nicht nur beruhigend auf die Psyche, sondern auch auf die Leistungsfähigkeit wirkt. Es hilft dabei sich auf die „bevorstehende“ Schwangerschaft vorzubereiten. Das Ziel der Hormone, die die Befruchtung der Frau vorbereiten, ist die Einnistung einer Samenzelle in die Gebärmutter. Findet nachdem Eisprung keine Befruchtung statt, brechen die Hormone diesen Prozess ab, der Gelbkörper produziert keine Hormone mehr und die Schleimhaut wird als Menstruationsblutung abgestoßen. Dementsprechend reagiert der Körper frustriert, denn eigentlich wollte er schwanger werden. Es kann zu Stimmungsschwankungen, Unwohlsein, Bauchschmerzen, Durchfall und Blähungen kommen. Kommt es jedoch zu sehr starken (oft unaushaltbaren) Schmerzen, könnte die Ursache an der Erkrankung Endometriose liegen.
Was hat das Darm-Mikrobiom mit Endometriose zu tun?
Endometriose ist eine multifaktorielle Unterleibserkrankung, die mit Ansiedlungen von Gebärmutterschleimhautähnlichem Gewebe (Endometriose-Herde) einhergeht. Jenes Gewebe kann keine bis starke Beschwerden wie Schmerzen und verminderte Fruchtbarkeit hervorrufen. Zytokine, Östrogene, Stamm- und Vorläuferzellen und Darmbakterien wirken sich auf die Entstehung von Endometriose aus. Östrogen scheint eine wichtige Rolle zu spielen, denn in einer Studie von Galvankar et al. konnte gezeigt werden, dass Östrogen notwendig war, um überhaupt Endometriose auszulösen (1). Es regt das Wachstum von ektopischen Endometriumgewebe und Entzündungen an. Wenn Östrogen überaktiv agiert, kann es zur Verschlechterung von Symptomen kommen. Außerdem kann Östrogen durch die Beeinflussung der peripheren Nervenfasern zu Schmerzen beitragen was wiederum die unerträglichen Schmerzen erklären könnte (2).
Wie zuvor schon erwähnt, haben Darmbakterien Einfluss auf den Östrogenstoffwechsel durch die Wirkung vom Enzym ß-Glucuronidase, welches für die Umwandlung in die aktive Form des Östrogens zuständig ist, um an den Östrogen-Rezeptoren zu binden (siehe Abbildung 1). Das aktive Östrogen wandert anschließend zu den Schleimhautstellen.
Abbildung 1: Eine veränderte Östrogenaktivität fördert das Fortschreiten der Endometriose (nach Jiang (3) et al. 2020).
Laut Baker et al. wiesen Endometriose Patientinnen mehr ß-Glucuronidase-produzierende Bakterien und ein schlechtes Firmicutes/Bacteroidetes Verhältnis auf (4, 5). In einer Studie von Mäusen konnte gezeigt werden, dass durch Fortschreiten der Endometriose Erkrankung sich das Firmicutes/Bacteroidetes Verhältnis verschob und es zu einer Dysbiose kam (5)(siehe Abbildung 2). Ist das Mikrobiom im Ungleichgewicht kann sich dies auch auf Metaboliten auswirken, die im Gehirn das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) stimulieren. GnRH, welches im Zwischenhirn gebildet wird, stimuliert die Freisetzung vom luteinisierendem und follikelstimulierendem Hormon. Beide Hormone führen zur Produktion von Östrogen und Progesteron und steigern die Östrogensekretion (6, 7). In einer anderen Studie zeigte sich, dass die alpha- und beta Diversität bei Endometriose Patienten niedriger war als bei Kontrollpersonen(8). Die Diversität beschreibt die Verschiedenheit des Mikrobioms, je unterschiedlicher die Bakterienzusammensetzung desto mehr Funktionen können sie durchführen und desto resistenter ist das Mikrobiom. Deshalb spielt es eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Gesundheit. Jedoch hat auch das Östrogen einen Einfluss auf das Mikrobiom(9). Jetzt stellt sich wieder die Frage: was war zuerst da, die Henne (Hormon) oder das Ei (Mikrobiom)?Abbildung 2: Das Firmicutes/Bacteroides-Verhältnis, ein Indikator für Dysbiose, ist bei Endometriose-Patientinnen verändert. (nach Jiang (3) et al. 2020)
Darmbakterien und ihre Immunfunktion
Bakterien beeinflussen die Immunfunktion und somit auch folglich Entzündungen. Sie sind an der physiologischen Funktion der Schleimhautoberflächen des Endometriumumbaus im Uterus und am pH-Wert beteiligt, was wiederum bei der Krankheitsentwicklung eine wichtige Rolle spielt (10). In einer Studie von Ata et al. dominierten vor allem Shigella– und Escherichia – Bakterien bei Endometriose Patienten (11).
Welche Ernährung ist hilfreich bei Endometriose?
Ein Versuch ist es auf jeden Fall wert, sich Omega 3 Fettsäure haltig zu ernähren. In einer Studie Hopeman et al. konnte gezeigt werden, dass sich Frauen die sich Omega 3 Fettsäure-haltig ernährten, ein geringeres Risiko hatten an Endometriose zu erkranken (12). Des Weiteren wird in weiteren Studien über probiotische Lebensmittel und einer generellen anti-inflammatorischen Ernährung nachgedacht, um die richtigen Bakterien zu fördern und das Risiko an Endometriose zu erkranken zu mindern. Jedoch steckt die Thematik noch in den Kinderschuhen und es Bedarf an vielen weiteren Studien. Das Mikrobiom wirkt sich auch auf inflammatorische Prozesse außerhalb des Darms. Außerdem können bei Endometriose auftretende Darmbeschwerden durch einen Ausgleich eines Mikrobiomungleichgewichtes gelindert werden. Wir von myBioma sind uns sicher, dass man mit Mikrobiom-freundlicher Ernährung eine gute Grundlage hinsichtlich jeder Gesundheit schafft. Wenn du Inspiration für eine darmgesunde Ernährung suchst, empfehlen wir dir das myBioma Kochbuch: Mikrobiomfutter – Rezepte für deine Darmbakterien.Referenzen
- Galvankar et al. Estrogen is essential but not sufficient to induce endometriosis. Journal of Biosciences. (2017).
- Morotti M et al. Mechanisms of pain in endometriosis. European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology. (2017).
- Jiang I et al. Intricate Connections between the Microbiota and Endometriosis. International journal of molecular sciences. (2021).
- Baker JM et al. Estrogen–gut microbiome axis: Physiological and clinical implications. Maturitas. (2017).
- Yuan M et al. Endometriosis induces gut microbiota alterations in mice. Human Reproduction. (2018).
- Jones LA et al. The ever-changing roles of serotonin. The International Journal of Biochemistry & Cell Biology. (2020).
- Paredes S et al. An Association of Serotonin with Pain Disorders and Its Modulation by Estrogens. International journal of molecular sciences. (2019).
- Svensson A et al. Associations Between Endometriosis and Gut Microbiota. Reproductive Sciences. (2021).
- Khan KN et al. Molecular detection of intrauterine microbial colonization in women with endometriosis. European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology. (2016).
- Benner M et al. How uterine microbiota might be responsible for a receptive, fertile endometrium. Human Reproduction Update. (2018).
- Ata B,et al. The Endobiota Study: Comparison of Vaginal, Cervical and Gut Microbiota Between Women with Stage 3/4 Endometriosis and Healthy Controls. Scientific Reports. (2019)Hopeman et al. Serum Polyunsaturated Fatty Acids and Endometriosis. Reproductive Sciences. (2014).