Die Mikrobiom-Diät: 4 Schritte zur gesunden Darmflora - myBioma

Die Mikrobiom-Diät: 4 Schritte zur gesunden Darmflora

Paleo, vegan, glutenfrei, FODMAP, kein rotes Fleisch… – wenn du das liest, bist du wahrscheinlich auf der Suche nach einer gesunden Ernährungsform. Aber wie soll man sich bei diesen Unmengen von Diätvorschriften auskennen? Außerdem kommt noch der neueste Trend hinzu: Die Darmflora, also die Bakterien im Darm, mischt sich nun in das Vokabular des Ernährungsbewussten. Diese riesige Sammlung an Bakterien (auch genannt das Mikrobiom) hat einen besonderen Einfluss auf Gesundheit und Krankheit. Für ein ausgewogenes Mikrobiom ist nichts wichtiger als die passende Ernährung. Doch was genau brauchen unsere kleinen Mitbewohner eigentlich, um sich wohlzufühlen? Wir zeigen dir in vier simplen Schritten, wie du deine Darmflora gesund isst!

1. Grün, grüner, am Grünsten

Unserer Darmflora geht es besonders gut, wenn sie aus möglichst vielen verschiedenen Arten besteht – also viele unterschiedliche Bakterien in ihr vorkommen! Diese Diversität hilft uns unsere Nahrung besonders gut zu verwerten und ist für das Wohl unseres Körpers sehr wichtig. Hohe Diversität wurde in zahlreichen Studien mit Gesundheit in Verbindung gebracht, niedrige Diversität hingegen mit vielen Erkrankungen. Die Devise lautet also, ein möglichst diverses Mikrobiom aufzubauen! Das gelingt am besten mit einer vielfältigen Ernährung, die viele unterschiedliche Faserstoffe oder Ballaststoffe beinhaltet. Genau diese Ballaststoffe finden sich vor allem in Gemüse, Vollkorn und Obst. Evolutionsbedingt sind wir Menschen Allesfresser und sollten daran gewöhnt sein, reichlich Pflanzen zu verspeisen. Leider schaut die tägliche Ernährung in den westlichen Ländern nicht mehr so aus und auch unser Mikrobiom – also unsere Darmflora – ist recht eintönig geworden. Aber was vor hunderten Jahren für uns gesund war, ist es auch heute noch. Urvölker, die abseits jeglicher Zivilisation leben, ernähren sich weiterhin von diversen Pflanzen und Faserstoffen. Durch diese Vielfalt der Nahrung, hat auch ihre Darmflora eine viel höhere Diversität (1).

Gemüse sollte eine viel zentralere Rolle in unseren täglichen Mahlzeiten einnehmen, da es unglaublich viele Faserstoffe zu bieten hat. Aber es kommt nicht nur auf die Menge an, sondern auch auf die unterschiedlichsten Sorten. Tomaten, Paprika, Gurke und Salat – das ist wahrscheinlich das durchschnittliche Gemüse, das es auf unsere Teller schafft. Gegen diese Gemüsesorten ist prinzipiell nichts einzuwenden, aber sie reichen bei weitem nicht aus, um ein diverses Mikrobiom zu hegen. Vielmehr Sorten sollten abwechselnd aufgetischt werden. Brokkoli, Linsen, Mangold, Radieschen, Kichererbsen, rote Rüben und Chicorée – das sind nur einige wenige der Sorten, auf die wir regelmäßig vergessen. Je mehr unterschiedliche Gemüsesorten und Grünzeug über unsere Teller wandern, desto besser für unsere Darmflora. Denn sie braucht für die vielen unterschiedlichen Faserstoffe immer mehr verschiedene Mitarbeiter! An dem neuen Food-Trend “plant-based diet”, also Pflanzen als Grundbaustein der täglichen Ernährung anzusehen, ist wirklich etwas dran. Im Supermarkt – oder noch besser auf dem Bauernmarkt – sich von den Gemüse der Saison inspirieren lassen und etwas Neues mit nach Hause nehmen. Zum normalen Naturschnitzel nicht den gewohnten Reis und Salat servieren, sondern drei neu entdeckte Gemüse und Kartoffeln (die haben auch mehr Ballaststoffe als Reis) zubereiten!
Natürlich ist auch Obst sehr wertvoll für uns. Allerdings sollte man Gemüse den Früchten vorziehen, da es noch reicher an Ballaststoffen ist und weniger Zucker beinhaltet. Aber natürlich sind knackige Äpfel, Beeren, Bananen und viele andere Obstsorten für ein ausgewogenes Frühstück oder als Snack eine wunderbare Ergänzung.

2. Aufs Korn schauen!

Jaja Vollkornbrot, das hab ich schon einmal gehört…. “Vollkornprodukte” – das klingt so gesund und eher nach der zweiten Wahl. Aber, halt! Wer glaubt schon alles über Vollkornbrot zu wissen und es eher mit Verzicht, als Genuss verbindet, der hat sich ordentlich getäuscht. Denn ein gutes Vollkornbrot ist gar nicht trocken, pampig und hat auf keinen Fall einen langweiligen Geschmack! Ein herrliches Vollkornweckerl aus Dinkel und Roggen hat einen viel volleren, nussigeren Geschmack, als eine alltägliche Semmel. Vollkorn bleibt länger frisch und harmoniert wunderbar mit vielen Aufstrichen, Schinken, Hummus oder Salat. Aber nicht nur geschmacklich überzeugen Vollkornprodukte, sondern sie setzen sich auch in vielen weiteren Ansichten durch. Vollkorn hält dich viel länger satt, als herkömmliche Backwaren, denn durch die Ballaststoffe werden die Kohlenhydrate im Darm viel langsamer verdaut und gelangen gleichmäßiger ins Blut. Bei einer normalen Scheibe Weißbrot dauert es nicht lange bis dein Darm alles aufgespalten hat und das ehemalige Mehl in Form von Zucker in das Blut gespült wird. Dann bist du für eine kurze Weile satt, aber nur bis der ganze Zucker (mithilfe Insulin) aus dem Blut genommen wird. Vollkornbrot hingegen wird länger im Darm unter Mithilfe der Darmbakterien verdaut und hält den Blutzucker so über längere Zeit auf einem konstanten Niveau. Dadurch kommen weniger Hungerattacken und Lust auf Süßes auf und du bleibst konzentrierter bei der Sache. (2)

Für deine Darmflora sind Vollkornprodukte ein besonderer Leckerbissen! Durch diese vielen Ballaststoffe fütterst du dein Mikrobiom und bietest ihm ordentlich Arbeit! Das beschränkt sich natürlich nicht nur auf Vollkornbrot, sondern auch in vielen anderen Bereichen, lässt sich normales Mehl durch Vollkorn austauschen. Leider greifen wir viel zu selten zu Vollkornpasta, Vollkorncouscous oder ungesüßten Vollkornmüslis – ja Vollkorn ist eher die Ausnahme und “normales” weißes Mehl die Regel. Wer sich selbst und seinem Mikrobiom etwas Gutes tun will, sollte diese Regel also umdrehen und Vollkorn zum täglichen Menü machen!

3. Den Anderen die Arbeit überlassen

Nicht nur die Bakterien in deinem Darm können dir bei der Verdauung helfen, sondern auch einige der unzähligen Bakterien, die außerhalb deines Körpers leben. Die wahrscheinlich älteste Form von Lebensmittelkonservierung nutzt nämlich Milchsäurebakterien (Laktobazillen). Diese zersetzen Faserstoffe und Kohlenhydrate – den Prozess nennt man Fermentierung. Die Bakterien machen die Lebensmittel dadurch haltbar und leichter bekömmlich. Davon profitieren wir in zweierlei Hinsicht: einerseits werden wertvolle Nahrungsbestandteile für uns erst verfügbar, andererseits sind fermentierte Lebensmittel probiotisch. Letzteres bedeutet, dass sich lebende Bakterien in dem Nahrungsmittel befinden und sie in unseren Darm gelangen. Diese Probiotika sind eine besondere Ergänzung für unsere Darmflora und stehen im Mittelpunkt vieler Studien. Es gibt Belege, dass Probiotika Menschen mit Reizdarm Syndrom und psychischen Erkrankungen wie Angststörungen helfen, oder einfach Konzentration und Merkfähigkeit verbessern können. Auch in weiteren Gebieten, wie zum Beispiel Medikamenteneinnahme, werden Probiotika getestet und ihre Wirkungen in Studien untersucht. (3)

Probiotika über die Nahrung aufzunehmen, ist also ein weiterer Punkt um die Darmflora zu pflegen. Doch welche Lebensmittel sind denn nun fermentiert? Traditionell fermentierte Gerichte umfassen das klassische Sauerkraut, Kimchi (koreanischer fermentierter Chinakohl), Miso oder Kombucha. Außerdem gibt es reichlich fermentierte Milchprodukte, darunter Joghurt, Kefir und Topfen. Allerdings gibt es beim Einkauf von fermentierten Lebensmitteln einiges zu beachten. Sauerkraut oder Kimchi sollte man immer vom Fass (das findet man am besten beim Bauernmarkt) kaufen. So kann man sicher sein, dass es tatsächlich fermentiert wurde. Das abgepackte Sauerkraut aus dem Supermarkt wurde zwar fermentiert, leider wird es aber danach pasteurisiert und damit werden alle Laktobazillen abgetötet. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, kann Sauerkraut aber auch viele andere Gemüse selbst fermentieren. Auch bei fermentierten Milchprodukten gilt es zu bedenken, dass Joghurts industriell mit nur einem einzigen Stamm Bakterien produziert werden und dadurch für den Darm nicht die aufregendsten Probiotika sind. Es empfiehlt sich daher Naturjoghurt-Sorten abzuwechseln, weil verschiedene Hersteller unterschiedliche Bakterien verwenden – oder noch besser Joghurt direkt vom Bauernmarkt zu kaufen.

Selbstgemachtes Jogurt kann helfen eine gesunde Darmflora aufzubauen
Fermentierte Lebensmittel gehören für mich zur täglichen Ernährung – nicht nur weil sie durch die probiotische Wirkung gesund sind, sondern weil sie geschmacklich wirkliche Leckerbissen sind! Joghurt zum Frühstück und Sauerkraut gibt’s regelmäßig im Salat (mit Kernöl).

4. Die versteckten Bösewichte

Jetzt haben wir uns angeschaut, was deine Darmflora alles unterstützen kann. Doch wie sieht es eigentlich mit Dingen aus, die der Darmflora schaden könnten? Diese Thematik ist zwar noch nicht bestens erforscht, allerdings gibt es Zutaten, die man im Auge behalten sollte. Immer mehr Produkte im Supermarkt werden mit Konservierungsstoffen, Farbstoffen, Emulgatoren oder Geschmacksverstärkern versetzt. “Aber ich esse doch nie Tiefkühlpizza und kaufe keine Fertigprodukte!” – Wirklich? Denn diese Inhaltsstoffe sind nicht nur im fertigen Rahmschnitzel oder der Chipspackung zu finden! Auch die meisten in Dosen eingelegten Gemüse, Joghurts mit Fruchtzusatz und Backwaren aus dem Supermarkt besitzen diese Inhaltsstoffe. Und wer kauft nicht manchmal Bohnen aus der Dose oder Marillen-Joghurt mit Cornflakes? Diese Unmengen an Zusatzstoffen könnten sich auf das Mikrobiom und die Darmschleimhaut auswirken und mitverantwortlich für das steigende Vorkommen vieler Krankheiten, wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen und Autoimmunerkrankungen, sein. Die großangelegten Studien, um dies ausführlich zu testen, fehlen jedoch noch.

Was heißt das jetzt alles für dich und dein Mikrobiom? Bewusster mit Produkten aus dem Supermarkt umgehen und öfter die Beschreibung auf der Rückseite durchlesen. Natürlich lässt sich nicht jeder Zusatzstoff vermeiden, aber reduzieren ist einfach! Außerdem sollten wir öfter an unser Mikrobiom denken, schließlich isst es auch mit. Einem strengen Diätregime zu folgen, ist wahrscheinlich nicht nötig und hält niemand auf Dauer durch. Vielmehr geht es darum mehr Abwechslung, viel Gemüse und Obst, Vollkornprodukte und fermentierte Lebensmittel in den Alltag zu integrieren! Dein Darm wird es dir danken!

Referenzen

  • Zmora N, Suez J, Elinav E. You are what you eat: diet, health and the gut microbiota. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2018
  • Aune D, Keum N, Giovannucci E, et al. BMJ. 2016;353:i2716.
  • Şanlier N, Gökcen BB, Sezgin AC. Health benefits of fermented foods. Crit Rev Food Sci Nutr. 2017;:1-22.
Dr. Elisabeth Orgler
Dr. Elisabeth Orgler
Ärztin und Ernährungsexpertin
Als Medizinerin, Ernährungsspezialistin und Autorin beschäftigt sich Elisabeth seit Jahren intensiv mit den Bereichen Darm, Verdauung, Mikrobiom und Ernährung. Ihre Arbeit bietet wertvolle Einblicke und praktische Ratschläge für ganzheitliche Gesundheit.