Unser Körper ist ein erstaunliches Wunderwerk der Natur, und seine Funktionen sind das Ergebnis eines beeindruckenden Zusammenspiels von Genetik, Umwelt und Lebensstil. In den letzten Jahren hat die Epigenetik immer mehr Aufmerksamkeit erregt, da sie uns einzigartige Einblicke in Veränderungen der Genaktivität gewährt, die unabhängig von der DNA-Sequenz auftreten. Ein besonders spannender Aspekt dieser Forschung betrifft die wichtige Rolle des Darm-Mikrobioms bei epigenetischen Veränderungen und den langfristigen Auswirkungen auf unsere Gesundheit.
Die Welt der Epigenetik: Eine kurze Einführung
In der Welt der Epigenetik geht es darum, Veränderungen in der Genaktivität zu erforschen, die nicht durch Veränderungen in der DNA-Sequenz hervorgerufen werden. In diesem Zusammenhang werden wir uns die Bedeutung der DNA-Methylierung genauer anschauen. Denn dieser Prozess spielt eine entscheidende Rolle dabei, welche Gene ein- oder ausgeschaltet werden, ohne dabei die genetische DNA-Sequenz selbst zu verändern (1).
Das Darm-Mikrobiom: Ein komplexes Ökosystem
Das Darm-Mikrobiom bildet eine Kolonie von unzähligen Mikroorganismen, die unseren Verdauungstrakt besiedeln. Diese Gemeinschaft setzt sich aus Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Mikroben zusammen. Die Bedeutung des Darm-Mikrobioms erstreckt sich auf fundamentale Aspekte wie Verdauung, Immunfunktion, Nährstoffaufnahme und Schutz vor Krankheitserregern.Aktuelle Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das Darm-Mikrobiom in der Lage ist, epigenetische Veränderungen zu beeinflussen. Im weiteren Verlauf dieses Artikels werden wir uns einige der Mechanismen genauer anschauen, durch die solche Veränderungen möglich sind, und die potenziellen langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit diskutieren:
1. DNA-Methylierung:
Methylierung ist ein chemischer Prozess, bei dem Methylgruppen an wichtige biologische Moleküle angehängt werden und beeinflusst unter anderem die Genaktivität, die DNA-Reparatur und die Hormonumwandlung. In der Genetik kann Methylierung die Aktivierung oder Deaktivierung von Genen beeinflussen, was wiederum epigenetische Veränderungen in der Vererbung ermöglicht.
Das Darm-Mikrobiom spielt eine essenzielle Rolle bei der Beeinflussung der DNA-Methylierung. Die Mikroorganismen im Darm produzieren Enzyme, die dazu dienen, Methylgruppen an spezifische Positionen der DNA anzuhängen. Somit kann die Aktivität von Genen verändert werden, was wiederum erhebliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat.
Ein beeindruckendes Beispiel ist die Entwicklung von Honigbienen. Bienenarbeiterinnen und -königinnen unterscheiden sich nicht nur äußerlich, etwa in ihrer Größe, sondern auch in ihrer Funktion. Interessanterweise sind Königinnen und Arbeiterinnen aber genetisch identisch. Die Antwort auf diese genetische Identität liegt in der Ernährung. Genauer gesagt in dem "Gelée Royale", einem Sekret, das einigen Larven verabreicht wird. Die zukünftige Bienenkönigin wird für eine längere Zeit mit Gelee Royal gefüttert. Das Gelee Royal verändert die DNA-Methylierungsmuster, wodurch bei der Bienenkönigin im Vergleich zu den Arbeiterbienen andere Gene aktiviert oder deaktiviert werden. (2)
Die von uns aufgenommene Nahrung kann zu epigenetische Veränderungen führen.
2. Einfluss auf die Nahrungsaufnahme:
Wir bleiben direkt bei der Nahrungsaufnahme. Das Darm-Mikrobiom beeinflusst, welche Nährstoffe aufgenommen und wie sie im Körper verarbeitet werden. Auch hier können epigenetische Veränderungen in Bezug auf den Stoffwechsel und die Nährstoffverwertung ausgelöst werden. So kann ein unausgewogenes Darm-Mikrobiom zu epigenetischen Modifikationen führen, die den Stoffwechsel beeinträchtigen und das Risiko für Stoffwechselstörungen wie Diabetes und Fettleibigkeit erhöhen. (3)
3. Entzündung und Immunreaktion:
In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt werden, dass ein unausgewogenes Mikrobiom Entzündungen im Darm auslösen kann. Entzündungen können epigenetische Veränderungen in den Zellen des Darms und darüber hinaus verursachen. Wenn die epigenetischen Markierungen außer Kontrolle geraten, können sie die Aktivität von Genen beeinflussen, die mit Entzündungen und verschiedenen Gesundheitsproblemen in Verbindung stehen. (4)
4. Langfristige Gesundheitsfolgen durch Übertragung der Veränderungen:
Die epigenetischen Veränderungen in den Darmzellen können sich auch auf andere Gewebe und Organe im Körper auswirken. Dadurch können Gene in anderen Zellen und Organen unterschiedlich reguliert werden, was wiederum die Gesundheit und Funktion dieser Gewebe beeinflusst. Dies kann das Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes, Herzerkrankungen, Fettleibigkeit und sogar Krebs erhöhen.
Der Status Quo
Aktuelle Forschungen zeigen, dass das Darm-Mikrobiom mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung steht. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Hebrew University in Jerusalem haben in einer Studie an Mäusen gezeigt, dass Darmbakterien die Genaktivität in den Zellen der Darmschleimhaut beeinflussen und somit die Entwicklung eines gesunden Darms maßgeblich beeinflussen können. Sie stellten fest, dass eine künstlich erzeugte akute Darmentzündung bei den Mäusen zu einer deutlichen Steigerung der Aktivität von Genen führte, die Entzündungen fördern und mit Krebs in Verbindung stehen. (5)
Wie können wir das umgehen? Die Erkenntnisse zur Rolle des Darm-Mikrobioms bei epigenetischen Veränderungen unterstreichen die Bedeutung eines gesunden Lebensstils. Eine ausgewogene Ernährung und die Pflege eines gesunden Mikrobioms spielen hier eine zentrale Rolle.
Unsere alltäglichen Entscheidungen haben einen signifikanten Einfluss auf unser epigenetisches Erbe und unsere langfristige Gesundheit. Wenn die DNA-Methylierung im Organismus aus dem Gleichgewicht gerät und fehlerhaft ist, kann dies schwerwiegende Auswirkungen haben, darunter Krankheiten wie Krebs, chronische Erkrankungen und neurologische Störungen.
Ein Beispiel sind die sogenannten Tumorsuppressor-Gene, die dazu dienen, das Tumorwachstum zu unterdrücken und die wir auf keinen Fall ausschalten wollen. Daher ist es von großer Bedeutung, dass der Methylierungsmechanismus im Körper ausgeglichen funktioniert. (6)
Die meisten chronischen und altersbedingten Erkrankungen stehen mit der Hypomethylierung, also einem Mangel an Methylierung, im Zusammenhang. Aber woher kommt das? Eine Ursache kann eine Störung im Methylkreislauf sein. Beispielsweise kann diese Störung durch eine unzureichende Aufnahme von methylgruppenhaltigen Lebensmitteln ausgelöst werden oder durch altersbedingte Einschränkungen in der Produktion der Enzyme, die Methylgruppen an die DNA anhängen.
Eine methylgruppenreiche Ernährung spielt also eine wichtige Rolle für die DNA-Methylierungsprozesse. Schauen wir uns den Zusammenhang zwischen Darm, Mikrobiom und Epigenetik noch einmal genauer an. Darmbakterien, wie Bifidobakterien produzieren Folsäure - aber auch die “schlechten” Darmbakterien, die wir auch in einem gesunden Darm in uns tragen, produzieren für uns Vitamin B12. Beide Vitamine benötigen wir für den Methylkreislauf und letztendlich für die DNA-Methylierung. Das ist einer der wichtigen Zusammenhänge zwischen Ernährung, Darmbakterien und Epigenom.
Folglich ergibt sich die klare Schlussfolgerung: Eine Heilung des Darms ist unerlässlich, um stille Entzündungen zu verringern, den Körper effektiv zu entgiften, ausreichend Nährstoffe aufzunehmen, das Immunsystem seinen Aufgaben gerecht werden zu lassen und schließlich genug Energie zu erzeugen, damit all diese Prozesse reibungslos verlaufen können.Beatrice Tuttlies ist die Gründerin von Busy Being Healthy.
Mein Name ist Beatrice Tuttlies, und ich bin 29 Jahre alt. Obwohl ich ursprünglich aus Berlin komme, habe ich mein Zuhause im wunderschönen München gefunden. Ich bin Yin Yoga Lehrerin, Epigenetikcoachin und Ernährungsberaterin.
Als Gründerin von "Busy Being Healthy" verfolge ich meine Leidenschaft, Menschen dabei zu unterstützen, ein ganzheitliches Gleichgewicht zu finden und ihre Gesundheit zu optimieren. Mein Ansatz konzentriert sich auf die Reduzierung von Stress auf psychischer, physischer und chemischer Ebene, wobei die Epigenetik stets im Mittelpunkt steht. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Mensch das Potenzial hat, seine Gesundheit und sein Wohlbefinden zu optimieren. Dafür habe ich drei aufeinander abgestimmte Programme geschaffen, die in jeden Alltag integriert werden können.
Referenzen
- Sugimoto, K., Momose, H., Ito, T., Orita, H., Sato, K., Sakamoto, K., Brock, M. V. Genome-Wide Analysis of DNA Methylation in Gastrointestinal Cancer. J. Vis. Exp. (163), e61355, doi:10.3791/61355 (2020).
- Chittka A, Chittka L. Epigenetics of royalty. PLoS Biol. 2010 Nov 2;8(11):e1000532. doi: 10.1371/journal.pbio.1000532. PMID: 21072243; PMCID: PMC2970563.
- Garcia-Mantrana I, Selma-Royo M, Alcantara C, Collado MC. Shifts on Gut Microbiota Associated to Mediterranean Diet Adherence and Specific Dietary Intakes on General Adult Population. Front Microbiol. 2018 May 7;9:890. doi: 10.3389/fmicb.2018.00890. PMID: 29867803; PMCID: PMC5949328.
- Manthey CF, Reher D, Huber S. Was ist gesichert in der Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen [What is confirmed in the treatment of chronic inflammatory bowel diseases]. Internist (Berl). 2021 Dec;62(12):1269-1279. German. doi: 10.1007/s00108-021-01207-6. Epub 2021 Nov 2. PMID: 34727190; PMCID: PMC8561375.
- Ansari, I., Raddatz, G., Gutekunst, J. et al. The microbiota programs DNA methylation to control intestinal homeostasis and inflammation. Nat Microbiol 5, 610–619 (2020).
- Kashani B, Hasani Bidgoli M, Motahari SA, Sedaghat N, Modarressi MH. You are what you eat: Sequence analysis reveals how plant microRNAs may regulate the human genome. Comput Biol Med. 2019 Mar;106:106-113. doi: 10.1016/j.compbiomed.2019.01.020. Epub 2019 Jan 23. PMID: 30708219.